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etwa an den Reichstag gelangen, sind nur Stoff für die Legiti-
mationsprüfung. Die Urheber der bezüglichen Schriftstücke er-
halten keinen Bescheid“. Obwohl diese Meinung sich mit der-
jenigen, welche das Oberlandesgericht in Colmar ausgesprochen
hat, durchaus nicht ganz deckt, sich mit den Grundsätzen eines
gerichtlichen Verfahrens auch nicht decken konnte (vgl. SEY-
DEL, Ann. 1889 S. 292), bekämpft HATSCHEK, wie er ausdrück-
lich hervorhebt (S. 498), beide als unhaltbar mit der gleichen
Argumentation, indem er sieh ihnen gegenüber auf den richtigen
„modernen Parteibegriff“ beruft. Dem Oberlandesgericht
in Colmar wirft er insbesondere eine Fiktion, ein Operieren mit
dem falschen Parteibegriff vor. Man muß, was er gegenüber den
bekämpften Meinungen sagt, im Wortlaut lesen (S. 497):
„Das von dieser Meinung vorgebrachte Argument, daß bei der Wahl-
prüfung keine Parteien gegeben seien, ist auch vom Standpunkte des mo-
dernen Parteibegriffes unhaltbar (siehe über diesen FISCHER in der „Zeit-
schrift für Zivilprozeß* Bd. X S. 34; Herıwie, Lehrbuch IS. 155; GAUPT-
STEIN, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 8. und 9. Auflage, S. 139 ff.;
für das Öffentliche Recht SCHULZENSTEIN im Verwaltungsarchiv Bd. 12
Ss. 112 ff). Danach ist die Parteifähigkeit nicht mehr an die Tatsache ge-
knüpft, daß man in dem betreffenden Prozeß sein eigenes Recht verteidigt,
sondern es gibt auch Parteien, denen die Parteistellung vom Staat ent-
weder kraft ihres Amtes oder durch Gesetz zugewiesen wird. Man kann
Parteirolle haben, auch wenn man nicht derjenige ist, cuius res in iudiciun»
deducitur, sondern wenn man bloß derjenige ist, qui rem in iudicium de-
ducit. Demnach wird auch der einfache Wähler, der eine Wahl aus dem
Grunde anficht, weil sie nichtig sei, zweifellos Partei, da er doch den An-
stoß zur Wahlprüfung gibt. Diese Parteirolle sichert ihm auch $ 5 der
GO. des Reichstags. Die Wahlprüfungskommission muß die angefochtene
Wahl zur Entscheidung vorbereiten, die Abteilung muß die Wahlanfech-
tung der Wahlprüfungskommission übermitteln, wenn ein Wähler einen
Wahlprotest eingelegt hat.“
HATSCHEK ruft also den „Parteibegriff“ an, nicht etwa um
daran Bedeutung und Stellung der Parteien im Verfahren, Maß
und Umfang der Parteirechte zu messen, was bei der Erörterung
der vorliegenden Frage allein einen Sinn hätte, sondern er will
aus dem modernen Parteibegriff die Existenz von Parteien