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denke man sich ein solches streitiges Wahlprüfungsverfahren ein-
mal aus mit Bestreitungen, Anerkenntnissen, Versäumnisfolgen
und dem ganzen Uebelstand der Vertagungen, kurz nach einem
System, das, wie unsere Zivilprozeßordnung, entgegen anderen
Zweigen und Disziplinen staatlich geordneter Tätigkeit, noch tief
in dem im vorigen Jahrhundert in Blüte gestandenen lebenver-
gessenen Manchestertum steckt! — HATSCHEK scheint vor dieser
Konsequenz in der Tat nicht zurückzuschrecken, wenn anders er
dem auf S. 538 ausgesprochenen Satz: Das Beweisaufnahmever-
fahren des auf Ansuchen des Reichstags handelnden Amtsgerichts
„regelt sich nach den Grundsätzen der Zivil-
prozeßordnung, dadas Wahlprüfungsverfahren
ein dem Verwaltungsstreitverfahren nachge-
bildetes Verfahren ist“, einen Sinn zuerkennt. Daß der
Satz in mehrfacher Hinsicht unrichtig ist, hat einesteils schon das
ÖOberlandesgerieht in Naumburg an der Hand preußischer Gesetz-
gebung bezeugt, und haben wir andernteils unter Il. oben ge-
sehen. Wo denn in aller Welt und durch welches Gesetz das
Wahlprüfungsverfahren dem Verwaltungsstreitverfahren nachge-
bildet ist, und, wenn dem so wäre, wie so dann das auf Grund
dieser nachgebildeten Schöpfung zu handhabende Verfahren „nach
den Grundsätzen der Zivilprozeßordnung sich regeln“ soll, darüber
hat sich HATSCHEK begreiflicherweise nicht ausgesprochen.
Dazu kommt folgendes:
Bisher wurde nur von dem Verfahren im Falle des Einspruchs
gegen die Gültigkeit einer Wahl gehandelt. Das ist aber nicht
der einzige Fall. Nach $ 9 Abs. 4 der Verfassung von Elsaß-
Lothringen hat, wie oben schon hervorgehoben, das Ober-
landesgerieht auch dann zu entscheiden, wenn eine Kammer des
Landtags über das Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen
für die Mitgliedschaft im Zweifel ist und darüber die Entschei-
dung des Gerichts verlangt. Wie denkt sich der Verteidiger des
streitigen Verfahrens hier die Parteirollen? In dem einzigen Falle,