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war nicht der Geist der Zeit, der sich damit Geltung verschaffte.
Denn dieser war noch lange für das Teilungswesen. Es war
aber auch nicht ein neuer Geist. Es war die Anerkennung und
Wiederholung dessen, was bereits seit den Zeiten Albrecht Achills
in Brandenburg Rechtens war. Und deshalb erklären die Ver-
tragschließenden, wie „sie semptlich ihres Elternn unnd Uhrahn-
herrn, Churfürst Alberti Achillis germaniei, offtberürtn Verord-
nung hiemiett nochmahlm erneuernn, erkleren, bestetigenn und
confirmiren wollenn“.
Hatte sich einmal der Zeitgeist bei der Teilung von 1535
stärker erwiesen als der ihm vorauseilende politische Sinn Albrecht
Achills, so war der zweite Versuch der Versündigung gegen die
Achilles gerade unter Berufung auf ihre fortdauernde Geltung
vereitelt worden. Seitdem ist nie wieder der Versuch gemacht
worden, das grundlegende Hausgesetz zu verletzen.
Dagegen spricht auch nicht das Testament des großen Kur-
fürsten, das noch einmal in das alte Teilungswesen zurückzufallen
schien °.
Albrecht Achill hatte in seiner Verfügung die Unteilbarkeit
des Gebietes, vorbehaltlich der fränkischen Sekundo- und Tertio-
genitur auf das Erbe der Vorfahren beschränkt, aber seinen Erben
nachgelassen, was sie selbst zu den Landen bringen, oder das
ihnen von Angefällen zustünde, mit demselben mögen sie handeln
nach alter löblicher Gewohnheit. Diese alte löbliche Gewohnheit
war eben leider das Teilungswesen. Ueber Gebiet, das ein Lan-
desherr selbst neu hinzu erworben, konnte er also auch durch
Teilungen verfügen.
Wenn der große Kurfürst für seine jüngeren Söhne Aus-
stattungen an Land und Leuten aus den von ihm selbst neu er-
® Vgl. DRoysEn, Das Testament des großen Kurfürsten in den Abhand-
lungen der königlich sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig
1866; ERDMANNSDÖRFER, Das Testament des großen Kurfürsten in den
Preuß. Jahrbüchern Bd. 18, 8. 429 ff.