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einheit, sondern der soziale der Erhaltung des Familienglanzes
durch Verhütung der Zersplitterung des Familiengutes. Deshalb
drückte man wohl auch zu Verletzungen des Grundsatzes der Un-
teilbarkeit ein Auge zu, solange das soziale Ziel nicht beeinträch-
tigt wurde. Aber der Erfolg war doch letzten Endes von her-
vorragender politischer Bedeutung und diente der Idee des mo-
dernen Staates.
II.
Die Formen des Erlasses von Hausgesetzen.
Ursprünglicher Zweck der Hausgesetze war, gegenüber dem
Teilungswesen, das mit dem Verschwinden des Amtscharakters
der deutschen Landeshoheit seit dem 13. Jahrhundert eingerissen
war, Land und Leute in einer Hand zu halten. Zu diesem Zwecke
bedurfte es Bestimmungen über Voraussetzungen und Art der
Regierungsnachfolge, Entschädigung der Nachgeborenen usw., also
über wesentliche Teile des Familien- und Familiengüterrechtes.
Der ursprüngliche Zweck der Hausgesetze einschließlich der sie
ergänzenden Hausobservanz ist heute gegenstandslos geworden.
Denn die deutschen Einzelstaaten sind verfassungsmäßig unteilbar.
Aber der römische Satz: „Cessante ratione legis, cessat lex ipsa“
hat nur einen sehr bedingten Anspruch auf Geltung. Denn der
Inhalt der Hausgesetze besteht trotz Fortfalls des ursprünglichen
Zweckes fort und unterliegt weiterer Fortbildung.
Da zur Zeit des alten Reiches nicht nur der: Landesherr, son-
dern auch alle Mitglieder der landesherrlichen Familie reichsun-
mittelbar waren, konnte der Landesherr für seine Familienmit-
glieder, die gar nicht seine Untertanen waren, auch keine Gesetze
erlassen. Die Hausgesetze waren vielmehr Rechtsgeschäfte des
Landesherren und seiner Agnaten, entweder Verfügungen des
Vaters unter seinen Söhnen mit deren Zustimmung oder Verträge
unter gleichgeordneten Geschlechtsgenossen. Nur wenn der Kaiser