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aus dem englischen Königshause, aber aus dem deutschen Hause
der Welfen oder Wettiner aus. Der gegenwärtige englische König
selbst ist in dieser Lage, wenn seine koburgischen Agnaten nicht
seine unebenkürtige Ehe durch agnatischen Konsens heilen '”.
Daraus ergibt sich umgekehrt, daß das Recht des Gesamt-
hauses auch die Nebenlinien bindet, daß ein Zuwiderhandeln gegen
das Recht des Gesamthauses seitens der Nebenlinie für sie unter
Umständen den Verlust der Zugehörigkeit zum Gesamthause be-
wirkt. Dieser Verlüst läßt freilich die ebenbürtige Stellung der
Nebenlinie dann unberührt, wenn sie anderweitig ein souveränes
Haus ist, da sie darin einen von der Zugehörigkeit zum Gesamt-
hause unabhängigen Rechtstitel ihrer Ebenbürtigkeit besitzt. Da-
gegen würde eine aus dem Gesamthause ausscheidende Nebenlinie,
die nicht anderweit einen erblichen Thron inne hat oder inne
gehabt hat, in den Kreis des niederen Adels herabsinken.
Das alles betrifft aber nur das bestehende Hausrecht. Eine
ganz andere Frage ist es, inwiefern neue hausgesetzliche Bestim-
mungen souveräne Nebenlinien binden.
In den Zeiten des alten Reiches konnte diese Frage gar nicht
auftauchen. Denn da der Landesherr bei der Reichsunmittelbar-
keit aller Mitglieder seines Hauses über sie keinerlei Gesetzge-
bungs- oder Verordnungsgewalt hatte, konnten neue hausrecht-
liche Bestimmungen nicht im Wege der Rechtssatzung, sondern
nur des Rechtsgeschäftes, des Familienvertrages, zustande kommen.
Die Agnaten und ihre Nachkommen waren an eine neue haus-
gesetzliche Bestimmung gebunden, soweit sie ihr zugestimmt
hatten. Es war daher ganz gleichgültig, ob der Nachgeborene
als Prinz am Hofe des Landesherrn und Familienhauptes lebte
oder selbst; Landeshoheit oder gar einen auswärtigen souveränen
Thron besaß.
Das änderte sich erst mit dem Untergange des alten Reiches.
7? Vgl. BORNHAK, Zwei Fragen des herzoglich sächsischen Thron folge-
rechts in Hırras Annalen 1904, S. 141 ff.