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setzgebung, wenn auch in beschränkterem Umfange, in das deutsche
Privatfürstenrecht übergegangen. Abgesehen davon, daß sie sich
selbstverständlich nicht auf Prinzessinnen bezieht, die in ein an-
deres Haus hineingeheiratet haben, geschweige denn auf deren
Ehegatten und Nachkommen, umfaßt sie auch nicht notwendig
alle Thronfolgeberechtigten. Der Kreis der Thronfolgeberechtig-
ten kann vielmehr weiter sein als der durch die Familiengewalt
des Staatsoberhauptes verbundenen Familienmitglieder. Ebenso
ist aber das umgekehrte Verhältnis möglich !%. Insbesondere sind
die Mitglieder souveräner Nebenlinien der Familiengewalt und
Hausgesetzgebung des Hauptes der Stammlinie nicht unter-
worfen.
Ein souveränes Haus kann kein anderes Familienhaupt haben
als den eigenen Souverän. Nur eine scheinbare Ausnahme macht
das oldenburgische Hausgesetz von 1872, nach dem Oberhaupt
des großherzoglichen Hauses der regierende Großherzog, dagegen
höchster Chef der Kaiser von Rußland als Oberhaupt der herzog-
lich Gottorpschen Hauptlinie ist. Denn tatsächlich werden aus
dieser Chefstellung des Kaisers von Rußland keine weiteren Fol-
gerungen gezogen, das Hausgesetz gibt ihm keinerlei Befugnisse
der Familiengewalt über die Mitglieder des großherzoglichen
Hauses, geschweige denn über den Großherzog selbst. Es
handelt sich vielmehr um eine bloße Ehrenstellung ohne Rechts-
inhalt 2°,
Die souveräne Nebenlinie bleibt dem Hausrechte unterworfen,
wie es zur Zeit der Trennung von der Hanuptlinie galt. Nur die
mit der souveränen Stellung der Nebenlinie unvereinbare Fami-
liengewalt des Chefs der Hauptlinie hört auf. Das Recht des
19 Von dem Gesamthause Hohenzollern unter der Familiengewalt des
Königs von Preußen ist die fürstliche Linie in Preußen nicht thronfolge-
berechtigt.
20 UJebereinstimmend REHMm, Das landesherrliche Haus, Erlangen und
Leipzig 1901, 8. 28.