ses deutscherseits in Bosnien usw. Der sog. Rückversicherungs-
vertrag Deutschlands mit Rußland, der als ein Meisterstück Bis-
marckscher Diplomatie bezeichnet worden ist, verpfliehtete beide
Mächte gegenseitig zu wohlwollender Neutralität, falls eine von
ihnen von einer dritten Macht angegriffen würde. So lange die-
ser Vertrag bestand, war allerdings Rußland rechtlich gehindert,
für den Fall französischen, englischen Angriffs auf Deutschland
gegen dieses Beistand zu leisten, aber natürlich nicht, selbst den
Angreifer zu spielen, wobei dann Frankreich, England auf seine
Seite treten konnten. Zuzugeben ist, daß, zumal bei der Dehn-
barkeit des Begriffes „Angriffskrieg“, durch das Nebeneinander
der Verträge mit Oesterreich und Rußland eine schwierige Lage
entstehen konnte, der nur ein genialer Staatsmann gewachsen
war. Immerhin war der Vertrag für die Erhaltung guter Be-
ziehungen zwischen Rußland und Deutschland und als Hemmnis
französisch-russischen Bündnisses, einer durch das Fehlen wider-
streitender eigener Interessen nahegelegten Verbindung, mit der
Bismarck stets gerechnet hat, von erheblichem Wert. Aber es
darf bezweifelt werden, ob angesichts der orientalischen Wirren
und bei dem immer stärkeren Anschwellen des Panslawismus
auch der geschicktesten Diplomatie eine Erneuerung des Vertrags
auf die Dauer gelungen wäre. Der schwere Waffengang, zu dem
jetzt Rußland mit seinen Bundesgenossen uns genötigt hat, kann,
so sehr auch zunächst mit einer Revancheneigung des Gegners
gerechnet werden muß, doch in seinen weitern Wirkungen zu
einer Besserung der deutsch-russischen Beziehungen führen. Jeden-
falls wird unsere Diplomatie bei aller gebotenen Zurückhaltung
und unbeirrt in dem Streben, starke Schutzwehren gegen die Ge-
fahr eines neuen russischen Angriffs zu errichten, dieses Ziel nicht
aus dem Auge verlieren dürfen.
Ein Allianzvertrag läßt niemals eine so unzweideutige Fassung
zu, daß nicht der Gegner durch die Art, wie er es zum Kriegs-
ausbruch bringt, den Anschein erwecken könnte, als sei der