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gar nicht am Platze; denn das Privatrecht erkläre alle Rechts-
geschäfte geistig kranker Menschen als nichtig, weil unmöglich
nachgeprüft werden kann, ob der einzelne Mensch wohl auch bei
klarem Bewußtsein das gleiche Rechtsgeschäft vorgenommen oder
unterlassen hätte. Anders lägen die Verhältnisse im öffentlichen
Recht: der einzelne Beamte wahre hier nur das Staatsinteresse ;
der Staat müsse dafür sorgen, daß Amtshandlungen Geisteskran-
ker unmöglich sind; aber die Gültigkeit der staatlichen Macht-
äußerung brauche nicht unter der Krankheit ihres Subjekts zu
leiden.
Soweit ersichtlich, ist aber die herrschende Meinung eine der
JELLINEKs entgegengesetzte. So OETKER!?: wenn der geistes-
kranke Amtsrichter X zu Y ein Urteil erlassen hat, so habe nicht
das Amtsgericht zu Y gesprochen; ferner werde durch geistige
Gebrechen des Geschworenen, auch wenn dieser nicht entmündigt
ist (vgl. $ 31 Ziff. 3 G@VG.), die Nichtigkeit des Urteils herbei-
geführt. Ebenso BENNECKE-BELING!’, und ganz besonders KoR-
MANN a. a. O. 291ff.: Geschäftsfähigkeit und Geschäftsunfähig-
keit seien keine privatrechtliehe, sondern allgemein juristische Be-
griffe, darum gebe es auch öffentlich-rechtliche Geschäftsunfähig-
keit. Daher seien sowohl die „publizistischen Rechtsgeschäfte‘
der Staatsangehörigen gegenüber der Behörde (z. B. der Antrag
auf Entlassung aus dem Staatsverband, die kirchliche Austritts-
erklärung) als auch die amtlichen publizistischen Willenserklä-
rungen, die Handlungen des Beamten, bei Geschäftsunfähigkeit
des Handelnden nichtig. Ebenso auch RGZ. 69, 391 und RG. im
ZulFG. 13, 804: Nicht bloß auf dem Gebiet des Privatrechts,
sondern auch auf dem des öffentlichen Rechts sind die Erklärun-
gen des Willensunfähigen nichtig, so z. B. das Entlassungsgesuch
des Beamten, die Erklärung der Amtsniederlegung seitens des
16 Konkursrechtliche Erörterungen I, 48, ferner in GoldtArch. Bd. 49
S. 98.
17 Deutsches Strafprozeßrecht 284, 294.