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b) Unterschiede.
Die privaten Rechtspflichten, welche jemandem im besonderen
Interesse eines anderen obliegen, ergeben sich häufig — ähnlich
den meisten Öffentlich-rechtlichen Pflichten der Staatsorgane —
aus einer dauernden Rechtsbeziehung und nehmen die Tätigkeit
des Verpflichteten vollständig oder hauptsächlich in Anspruch.
Sie werden häufig durch eine allgemeine Bestimmung, wenigstens
nach gewissen Richtungen hin, für eine längere Zeit festgelegt,
so die Tätigkeit des industriellen Arbeiters, des Angestellten im
Handelsgewerbe usw.; sie bringen ferner eine besondere Treuepflicht
des Verpflichteten mit sich, deren Inhalt sich nicht von vornherein
festlegen läßt, weil er von den jeweiligen, sich ändernden Um-
ständen abhängig ist; so hat das Gesinde, wenngleich die Rechts-
ordnung auch Spezialpflichten, die sich aus dem Gesindevertrage
ergeben, normiert, nach manchen Gesindeordnungen daneben all-
gemein „das Beste der Herrschaft zu fördern“. So haben die In-
haber der elterlichen Gewalt je nach Anlagen und Eigenschaften
ihrer Kinder zu einem für sie passenden Lebensberufe vorzubereiten.
Für andere Beziehungen wird allgemein die Verpflichtung zu den
Handlungen bestimmt, die der Berechtigte verlangt. Mitunter
wird sogar die Aufstellung von bestimmten Normen in bezug auf
die dem Verpflichteten obliegende Tätigkeit dem andern Teile
übertragen. So hat der Inhaber einer größeren Fabrik durch eine
Arbeitsordnung .den Betrieb innerhalb der Fabrik mit verpflich-
tender Wirkung zu regeln, ohne daß in dem Arbeitsvertrage an
die sich hieraus ergebenden Pflichten der Arbeiter gedacht zu sein
braucht. Die Uniform der Beamten findet ihr Gegenstück in der
Uniform mancher Angestellten in Privatbetrieben, der Livree der
Dienerschaft usw. Auch eine eidliche Bekräftigung der übernom-
menen Privatrechtspflichten kommt — z. B. im mittelalterlich-
deutschen Gesinderecht — als ein Analogon zu dem Beamteneide
vor. Die allgemeinen Weisungen des Dienstherrn gegenüber dem
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