— 385 —
Die Grundsätze des preußisch-deutschen Beamtenrechts über
die Verpflichtung des Berufsbeamten zur Ausführung besonderer
Aufträge sind nicht lediglich das Ergebnis einer positiven Gesetz-
gebung der neuesten Zeit. Ebenso wie die Grundsätze über das
Verbot der Nebenbeschäftigung der Beamten sind sie in lang-
samer historischer Entwickelung entstanden und zwar wie jene in
engstem Zusammenhang mit der Entwickelung der Idee des Be-
rufsbeamtentums selbst. Wie jene haben auch diese ihre Wurzeln
im kanonischen Recht.
Eine Konstitution Innocenz III?” entschied auf die Anfrage
eines Bischofs, daß ein Delegat des Papstes, der den erteilten
Auftrag einem anderen Kleriker subdelegiert habe, das Recht habe,
den Kleriker zur Uebernahme und Durchführung des Auftrages
zu zwingen. Doch sollte die Uebertragung des Auftrages nicht
nur zur Entlastung der Delegaten vorgenommen werden®. Auch
sollte bei der Delegation darauf Obacht genommen werden, daß
das übertragene Geschäft mit der Stellung der Subdelegaten und
seinen persönlichen Verhältnissen vereinbar sei.
Diese Vorschrift muß als Ausdruck eines allgemeinen Prinzips
angesehen werden, demzufolge der Kleriker verpflichtet ist, be-
sondere Aufträge, die ihm von seinen Vorgesetzten erteilt werden,
auszuführen, vorausgesetzt, daß dieselben der Würde und den
persönlichen Verhältnissen des Klerikers entsprechen. Die Be-
gründung dieses Satzes ergibt sich aus dem Inhalte der Willens-
erklärung, die der Kleriker durch den Eintritt in den geistlichen
Stand vollzieht. Der Kleriker schließt bei seinem Eintritt in den
geistlichen Stand nicht einen Vertrag ab, bei dem ein Interessen-
austausch zwischen zwei einander gegenüberstehenden Rechtssub-
jekten stattfindet. Er widmet sich dem Dienste der Kirche im
allgemeinen und übernimmt damit die Pflicht, sich in demselben
verwenden zu lassen. „Dadurch, daß er ein bestimmtes Amt oder
°C. 28 X. de off. iud. deleg. I 29.
8 „... dummodo ipse exonerare se ipsum malitiose non quaerat.“