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sehen werden, in gewisser Beziehung zum eigentlichen Arbeits-
gebiet des Rechtssoziologen. Liegt doch der Schwerpunkt der
Rechtsentwicklung, wie EHRLICH im Vorwort zu seiner bedeut-
samen Grundlegung der Soziologie des Rechts betont, in der Ge-
sellschaft selbst.
Es ist das große Verdienst der im Jahre 1909 gegründeten
„Deutschen Gesellschaft für Soziologie“, in bisher zwei Tagungen,
denen hoffentlich nach Beendigung des Weltkrieges noch viele
andere folgen werden, eine Reihe von grundlegenden soziologischen
Problemen zur öffentlichen Erörterung gebracht zu haben, Pro-
blemen, die zum Teil auch uns Juristen unmittelbar angehen. Viel-
seitig war das Programm des ersten Soziologentages. Außer einer
geistvollen Begrüßungsansprache von SIMMEL über die Soziologie
der Geselligkeit und einer programmatischen Eröffnungsrede von
TÖNNIES über Wege und Ziele der Soziologie enthält der statt-
liche Band Vorträge über Technik und Kultur von SOMBART,
über die Rasse von ALFRED PLÖTZ, über die Panik von GOTHEIN,
sowie drei Vorträge, die der Rechtswissenschaft besonders nahe-
liegen: über das stoisch-christliche Naturrecht und das moderne
profane Naturrecht von TRÖLTSCH, über Wirtschaft und Recht
von ANDREAS VOIGT, über Rechtswissenschaft und Soziologie von
KANTOROWICZ. Wissenschaftlich förderliche Streitreden schließen
sich der Mehrzahl dieser Vorträge an. Das Arbeitsprogramm des
zweiten Soziologentages war weniger vielseitig. Im Brennpunkt
der Erörterung stand hier — nächst ALFRED WEBERs Begrüßungs-
ansprache über den soziologischen Kulturbegriff — die soziologische
Bedeutung der „Nation“. Der zusammenfassenden Darstellung,
welche PAUL BARTH gibt, folgen Vorträge über einzelne damit
zusammenhängende Probleme, so von FERDINAND SCHMID über
das Recht der Nationalitäten, L. M. HARTMANN über die Nation
als politischen Faktor, FRANZ ÖOPPENHEIMER über die rassen-
theoretische Geschichtsphilosophie, ROBERT MICHELS über die
historische Entwicklung des Vaterlandsgedankens.