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kungen sie erzeugt haben mag — ohne Urteil über alles dies ist
gerade eine soziologische Betrachtung der Rechtsgeschichte un-
möglich. GOTHEIN betont das mit: Recht (Verh. I, 323). Wenn
es sich vollends darum handelt, aus gegenwärtigen Tatsachen eine
Prognose zu entwickeln über das, was als deren Wirkung in Zu-
kunft wahrscheinlich eintreten wird, und solche Prognosen schließt
selbst das wertfreie Programm der soziologischen Gesellschaft nicht
aus, so heißt das nichts anderes als: kausale Werturteile prägen.
Hätte die Verhandlungsleitung der beiden Soziologentage solche
kausalen Werturteile als erlaubt von teleologischen Werturteilen als
verboten klar geschieden, statt nur die Parole auszugeben: keine
Werturteile! — so wäre der wissenschaftliche Ertrag vielleicht
noch größer gewesen. So aber wurde einerseits manche nützliche
Erörterung stark eingeschnürt, anderseits wiederum manches rein
teleologische Werturteil unbeanstandet durchgelassen. HARTMANNSs
Ausführungen über die „Aufgaben“ nationaler Politik (II, 89 ff.)
z.B. verkündeten Sein-Sollendes. KANTOROWICZ Vortrag bezeichnete
sich selber ganz offen als ein Werturteil (I, 278 £.), und zwar ent-
hielt er ein teleologisches Werturteil des Inhalts: Fort mit der
formalistischen Rechtssprechung! Ersetzt sie durch die soziologische
Methode der Rechtsfindung! Es könnte, fürchte ich, für die Zu-
kunft der soziologischen Gesellschaft von Nachteil sein, wenn sie
es unterläßt, den nötigen scharfen Schnitt zu tun zwischen kau-
salen und teleologischen, erlaubten und verbotenen Werturteilen. —
I.
Wenn der Jurist nun in den Verhandlungen nach einem
Reingewinn für die Rechtswissenschaft forscht, so wird er das
Ergebnis der beiden Soziologentage verschieden bewerten müssen.
Das im zweiten Band behandelte Problem der Rasse, der Nation
und Nationalität berührt das Interessengebiet des öffentlichen
Rechts; am meisten in F. SCHMIDs Vortrag über das Recht der
Nationalitäten. Leider haben, soweit ich sehe, Juristen an dieser
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