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bild ihrer führenden Geister zusammenfinden. Immerhin wird auf
zwei bedeutsamen Kulturgebieten auch der Vertrag — bei Aus-
scheidung eines Grundvertrags besondere neben ihm hergehende
Abmachung — berufen sein, die Gemeinschaft der Interessen und
das Bedürfnis übereinstimmender Entwickelung wenigstens pro-
grammatisch zum Ausdruck zu bringen. Förderung der Handels-
und Verkehrsbeziehungen zwischen den Völkern, ein Ziel, das nur
unter Beachtung, nicht auf Kosten bestehender wirtschaftlicher
Verschiedenheiten erreichbar ist, und materielle Rechtseinheit, so-
weit die Voraussetzungen der Rechtsgestaltung sich decken, sind
fortgesetzt anzustreben. Der gemeinsamen Kommission in Militär-
sachen müssen solche für Handel und Verkehr und für Aufgaben
der Gesetzgebung zur Seite treten.
Der Gedanke liegt nahe, im Dienste der gemeinsam zu ver-
folgenden Zwecke nach Art des einstigen Zollparlaments oder
etwa der Delegationen der beiden österreichischen Reichshälften
usw. eine deutsch-österreichische parlamentarische Körperschaft
zu schaffen. Die bestehenden staatsrechtlichen Schwierigkeiten
wären nicht unüberwindlich. Aber der Nationalitäten-Gegensatz
in Oesterreich, der fortgesetzt zu den bedauerlichsten parlamen-
tarischen Exzessen geführt hat, ergibt ein sehr schwerwiegendes
politisches Bedenken. Wenn dieser Streit in ein gemeinsames
deutsch-österreichisches Parlament hinübergetragen würde — und
wie sollte sich das zurzeit verhüten lassen? —, so wäre das Er-
gebnis statt einer Festigung die Zerklüftung des Bündnisses.
Oesterreich muß den Entwickelungsprozeß zu fester Geschlossen-
heit trotz starker nationaler Mischung in sich durchmachen und
die beste äußere Gewähr eines gedeihlichen Verlaufs ist gerade
das ungetrübte Bundesverhältnis zum Deutschen Reiche. Man
greife nicht dem Gange der Geschichte vor und hüte sich, in dem
an sich sehr berechtigten Streben nach engerem Zusammenschluß
durch — gutgemeinte — Uebertreibungen dem Bunde ernste Ge-
fahren zu bereiten.
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXIV. 1/2. 3