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ein. Andere sind ihr an Mannigfaltigkeit des Stoffs überlegen und neben
der dreibändigen Festgabe für WAcH, die wohl den Rekord im Umfang
erreicht hat, nimmt sie sich klein aus. Aber daß drei Gelehrte von der
Führerstellung, die WAcH, SOHM und STROHAL im Prozeßrecht, in der
Kirchenrechtsgeschichte und in der Dogmatik des bürgerlichen Rechts inne
haben und hatten, sich zu einer Festschrift zusammenfinden, das ist doch
ein ganz besonderer Fall!
WAacH geht in seinen Bemerkungen über die Struktur des Strafpro-
zesses davon aus, daß der Prozeß Mittel zur Bewährung materiellen Rechts
ist und sich seinem Inhalte in der Gestaltung fügen muß. Deshalb ver-
wirft er von vornherein die anderwärts versuchte wissenschaftliche Kon-
struktion eines Prozeßrechts, das beide Arten des Verfahrens umschlösse,
und warnt vor der Uebertragung strafprozessualer Gedanken auf den Zivil-
prozeß und umgekehrt. Die angebliche Parteiengleichheit und überhaupt
das Zweiparteienverhältnis wird für den Strafprozeß in aller Schärfe als
Phrase abgelehnt, dagegen aber auch mit aller Entschiedenheit dem not-
wendig-natürlichen Offizialgedanken die Rücksicht auf die Freiheit der
Person entgegengehalten, die der Rechtsstaat verbürgt; die Bestimmungen
des geltenden Rechts, die das vernachlässigen, finden ihre Rüge (8. 17, 22,
25): „Die Maxime für das auf die Ermittelung des Tatbestandes gerichtete
Verhalten der Staatsorgane muß sein das lautere Suchen nach Wahrheit
mit sorgfältigem Vermeiden aller unsauberen Mittel des Ueberlistens, des
Bedrängens, des Zwanges, der Entwafinung: also die Wahrheitsforschung
nicht um jeden Preis und immer nur im Lichte der Erkenntnis, daß nicht
jedes Verbrechen bestraft werden muß und kann, und daß der Freispruch
des nicht genugsam Ueberführten für den Staat nicht nur läßlich, sondern
gerecht, dagegen der gesetzliche Mißbrauch der Machtmittel zur Ueber-
führung des Beschuldigten, vielleicht Unschuldigen, eine Todsünde ist.“
Die Mahnungen, die WAcH zur Verbesserung der Stellung des Verteidigers
gibt, werden hoffentlich Gehör finden. Wir haben gerade im Strafprozeß
unendlich unter dem Laster des Mißtrauens der Berufe gegeneinander
gelitten; mag es, wenn auch der berufenste Lehrer der Rechtswissenschaft
das tiefsitzende Uebel nicht mit Worten allein ändern konnte, der Krieg
bessern!
Sonms Beitrag ist mehr als eine juristische Abhandlung, er ist eine
Bekenntnisschrift. Von dem anfänglichen Satz, daß Rechtsordnung nicht
jede Gemeinschaftsordnung ist, daß nur in der staatlichen Zwangsgemein-
schaft, an die wir die Forderung gerechter Gemeinschaftsordnung stellen
dürfen, der Ursprung des Rechtssatzes — im Unterschied zur Konventio-
nalregel — liegen kann, von diesem Satz schreitet SOHM durch eine kräf-
tige Antithese katholischer und protestantischer Kirchenauffassuug zu seinem
Schluß fort: „Alles kanonische Recht ist (als solches) wider das Christentum ...
Die Idee, daß die sichtbare Christenheit als Kirche (als Trägerin des Lebens
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