Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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des Admiralitätsrichters Sir WILLIAM ScoTT tritt auch hier hervor; der 
englische Delegierte zu den Verhandlungen mit Rußland war durchaus kein 
überragender Kopf.) Die Kritik KrAuEıs an der kritiklosen Uebernahme 
anglo-amerikanischer Völkerrechtstiraden in französische und deutsche 
Lehrbücher ist durchaus berechtigt; die englische Lehre vom Verbot des 
Handels mit dem Feind bietet in ihrer völkerrechts-wissenschaftlichen 
Entwicklung das genaue Gegenstück zu dem, was hier S. 92 fg. festge- 
stellt ist. 
Auch MarTITZ führt uns in seiner Abhandlung über die Entstehung 
des neuen Gotthardbahnvertrags vom 13. Oktober 1909 auf diplomatische 
Verhandlungen bedeutender Art. Sie liegen uns hundert Jahre näher und 
sind uns doch heute ferner als jener Seerechtsvertrag zwischen England 
und Rußland. Wir sehen mit Bedauern, wie die englische Politik — 
durchaus nicht durch geistige Ueberlegenheit ihrer Führer oder eigentliche 
Geschicklichkeit, sondern durch die Hartnäckigkeit ihrer Willenskraft — 
im Vergleich mit dem deutsch-italienischen Vorgehen gegen die Schweiz 
glänzend besteht. MArrırz hat die Richtigkeit des deutschen Rechts- 
standpunkts gegenüber der Verstaatlichung der Gotthardbahn hier von 
neuem mit den besten Gründen verfochten; er läßt aber auch erkennen, 
daß die Art, iu der die beiden Großstaaten der Schweiz zu Leibe gingen, 
politisch recht bedenklich war. Das gehört aber glücklicherweise in die 
abgeschlossene Geschichte, die nicht mehr in die Gegenwart hineinwirkt. 
Zwei Beiträge behandeln das unerschöpfliche Thema der Grenzen zwi- 
schen öffentlichem und privatem Recht und der daraus entstehenden Kom- 
petenzkonflikte. DIcKEL unterzieht den Rechtsstreit der katholischen 
Kirchengemeinde Grafschaft gegen den preußischen Fiskus wegen der Be- 
stellung eines zweiten Geistlichen und die nachträgliche Erledigung des 
Streits durch eine „im Gnadenweg“ erlassene königliche Verordnung zur 
Remedur des rechtskräftigen Urteils einer Betrachtung, die insbesondere 
sich auch auf die Vorwürfe erstreckt, die dem damaligen Justizminister 
Mühler wegen seines die Autorität der Gerichte erschütternden Vorgehens 
gemacht worden sind. Er kommt zum Ergebnis, daß diese Vorwürfe im 
vorliegenden Fall keinen Anhalt finden, weil das Urteil, gegen das die Ver- 
waltung vorging, gar nicht rechtskräftig gewesen sei, sondern absolut 
nichtig; so sind seine Ausführungen mehr auf die Lehre von der Urteils- 
nichtigkeit als auf die materielle Lage in jenem Kirchenstreit eingestellt. 
Dagegen beschäftigt sich TRIEPEL in seinem Aufsatz über den Konviktorien- 
beitrag der Landschaft Norder-Dithmarschen eingehend mit der Abgrenzung 
zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht (S. 532 fd.), die hier übri- 
gens auch intertemporal sehr kompliziert ist. Ich pflichte TrıEPEL darin 
vollkommen bei, daß nicht die angeblich öffentlich-rechtliche oder privat- 
rechtliche „Natur“ der anzuwendenden Gesetzesvorschriften — diese Natur 
gibt es gar nicht — sondern der Charakter des Lebensverhältnisses ent-
	        
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