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Bilde des monarchischen Prinzips als einer lediglich zur Verwirklichung
praktisch-politischer Tendenzen aufgestellten Theorie, ohne jedoch diesem
Bilde wesentlich neue Züge zu geben. Zu beachten aber ist, daß sich das
monarchische Prinzip hier schon zeigt als die staatstheoretische Form, deren
sich ganz verschiedene materielle politische Ideen bedienten: sowohl der
absolutistisch gefärbte Legitimismus der Bourbonen als der napoleonische
Cäsarismus.
Der dritte Abschnitt, über die religiösen und patrimonialen Theorien
in ihrem Verhältnis und ihrer Bedeutung gegenüber der Theorie des mon-
archischen Prinzips, gibt neben vielen interessanten Einzelheiten, die das
bekannte Bild nicht wesentlich beeinflussen, den Hinweis auf einige bisher
unbeachtete Entwicklungsmomente. Die geistvolle Feststellung MEISNERSs,
daß „Legitimität* in der Restaurationszeit ein unklar verschwommener
Sammelbegriff war, der in der Politik eine ähnliche Rolle spielte, wie im
schöngeistigen Leben (M. sagt etwas farblos „in der Literaturgeschichte‘)
die Bezeichnung „romantisch“, wirft nicht nur ein hübsches Schlaglicht auf
die psycho-soziologische Bedeutung allgemeiner Phrasen, sondern legt die
Auffassung nahe, daß in jener Zeit „Legitimität“ auch nur eine staats-
theoretische Form in dem von uns angenommenen Sinne zur dialektischen
Verwertung ganz verschiedener materieller politischer Ideen bildete. Ver-
fasser analysiert sodann sorgsam die Lehren von BONALD, DE MAISTRE,
MALTE-BRUN und HALLER. wobei er seine Feststellung der historisch-
ständischen Elemente in der Lehre des letzteren doch wohl nicht mit Recht
als eine neue Entdeckung ansieht!. Sehr interessant ist dann sein Nach-
weis, wie der sichere Instinkt der reaktionären Mächte unter der Flagge
des geschichtlichen Rechtes gerade das wesentlichste Wirkungsmittel einer
monarchisch-einheitlichen Staatsgewalt, die zentralisierte bürokratische Ver-
waltung durch Berufsbeamte, bekämpfte Die ganze politische Arbeit
dieser Legitimisten ist unfruchtbar, wie M. mit Recht konstatiert, weil sie
ganz den Boden des Verfassungsrechtes verlassen haben, „wie es die Zeit-
ereignisse geschaffen hatten und auf dem es zu überzeugen galt“. Welche
Bedeutung freilich alle diese politischen Theorien’ für das monarchische
Prinzip und im Verhältnis zu ihm im einzelnen gehabt haben, hat Verf.
leider durchaus nicht herausgearbeitet, immerhin aber ist für den Charakter
ı Die Widerlegung der BoRNHARschen absolutistischen Umdeutung des
Wortes Friedrichs d. Gr. vom Fürsten als dem ersten Diener des Staates,
die Verf. hier unternimmt, hätte erfolgreicher auf die gedanken-geschicht-
lichen Grundlagen jenes Wortes aufgebaut werden können: das Wort
wurzelt in der Geschichte des naturrechtlichen Konstitutionalismus, es
findet sich fast gleichlautend bei dem Monarchomachen und vermutlich
manchem anderen im 16. Jahrh., sogar schon im Mittelalter bei Johann
von Salisbury und ähnlich bei Manegold von Lautenbach.