Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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aber liegt in ihrer Methode. MEISNER läßt, wie erwähnt, die Begründung 
politisch-wissenschaftlicher Werturteile gelegentlich vermissen und ersetzt 
diese Begründung durch die lediglich auf seine Ueberzeugung gestützte Be- 
hauptung des historischen oder nationalen Charakters gewisser politischer 
Prinzipien. Auch H. MAIER verzichtet im Einzelfalle gelegentlich auf die 
besondere sachliche Begründung seiner Werturteile und folgt lediglich 
einer in seinem allgemeinen Denken gegründeten Ueberzeugung. Aber er 
bekennt sich offen und deutlich zu diesem Verzicht, er nimmt ehrlich das 
Recht eine: gewissen Einseitigkeit seines Standpunktes in Anspruch, den 
er als dur:h seine Weltanschauung gegeben kennzeichnet. Das bedeutet 
jedenfalls eine Klärung. Freilich ist diese Klärung zunächst nur negativ; 
positiv muß sich Verf. ihre Ergänzung dadurch gefallen lassen, daß nicht 
nur andere Leute andere Weltanschauungen haben, sondern vor allem, daß 
die Weltanschauung höchstens bei der Bewertung politischer Ideen 
mitsprechen darf, die Ermittlung historischer Entwicklung staatlicher Ideen 
aber der exakten Forschung überlassen muß®. 
Im Interesse der Erkenntnis der politischen Ideen und ihrer staat- 
lichen und rechtlichen Bedeutung erscheint es an sich als ein dankens- 
* Daraus ergeben sich Bedenken gegen H. MAıERs Abhandlung. Sie 
ist entstanden aus einer klugen, das Durchschnittsmaß weit übersteigen- 
den Dissertation, die an sich eine erfreuliche Leistung darstellt. Da sie 
sich aber im Vorwort als Einführung einer neuen wissenschaftlichen (der 
von Weltanschauung beeinflußten) Methode gegenüber der bisherigen, für 
unzulänglich erachteten, Arbeitsweise bezeichnet und damit die Erwartung 
auf neue, bahnbrechende Erkenntnisse erweckt, kann die Feststellung nicht 
unterbleiben, daß sie diese Erwartung schlechterdings nicht erfüllt. Die 
Bearbeitung konnte unter zwei Gesichtspunkten geschehen: entweder dem 
einer Kritik und Ergänzung der bisherigen reichen Forschung über dieses 
Kapitel der Geschichte der Staatswissenschaft, oder dem der Verwertung 
der bisherigen wissenschaftsgeschichtlichen Forschung zu einer klareren 
Herausarbeitung der großen Linien der Entwicklung. Indem Verfasser sich 
nicht für den einen oder den anderen dieser Gesichtspunkte entschieden 
hat, ist keiner von ihnen zur Geltung gekommen: weder treten die 
großen Linien der Entwicklung so viel klarer hervor als in den bisherigen 
allgemeinen (MoHL, REHM, JELLINEK usw.) oder monographischen (GIERKE, 
TROELTSCH, REDSLOB usw.) Darstellungen, daß seine Bearbeitung als eine Be- 
reicherung erscheinen könnte, noch hat diese in den Einzelheiten, in denen 
sie meist aus zweiter Hand schöpft, wesentlich neues gebracht; sie hat sogar 
manches bisherige Forschungsergebnis, wie die Besprechung zeigen wird, 
ungenutzt gelassen, — Die umfangreiche und z. T. recht gehaltvolle neuere 
ausländische Literatur (z. B. GoocH, RITCHIE, SCHERGER, DOUMERGUE, 
ATGER) scheint dem Verfasser ganz unbekannt geblieben zu sein. 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXIV. 3/4. 39
	        
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