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die Freiheit des Meeres zur Kriegführung, die
stets beansprucht und bisher von keiner Seite ernstlich bestritten
ist. Die hohe See steht anerkanntermaßen überall auf der ganzen
Erde den Kriegführenden frei zur Verfügung. Freiheit des Meeres
zum Handel wurde dagegen anfangs überhaupt nicht zugestanden.
Der Seeverkehr der ältesten Zeit war durchaus rechtlos und wie im
Frieden so im Kriege willkürlichen Störungen und Unterdrückungen
ausgesetzt (siehe SCHRAMM, Prisenrecht $ 2 S. 12). Verschie-
dentlich wurde sogar eine unumschränkte Herrschaft über größere
Meeresgebiete beansprucht (Spanien, Venedig, England). Erst all-
mählich gelang es dem neutralen Handel auf der Grundlage des
langsam sich Anerkennung erringenden Satzes von der Gleich-
berechtigung aller Kulturvölker in Verbindung mit der Entwicke-
lung des Begriffes der Neutralität, sich eine gewisse Freiheit des
Meeres auch den Kriegführenden gegenüber zu erringen, die aber
von allgemeiner Anerkennung noch weit entfernt war. Eine solche
schien sich jedoch anzubahnen, als die auf Veranlassung von Eng-
land 1909 in London zusammengetretene Seekriegsrechtskonferenz
in der sog. Londoner Erklärung Regeln über das Verhältnis der
Kriegführenden zu dem neutralen Handel aufgestellt hatte, mit
denen sie glaubte, „die Rechte der Kriegführenden und die des
neutralen Handels in billiger und praktischer Weise ausgeglichen*
zu haben, wie es in dem Generalbericht des Redaktionsausschusses
der Londoner Seekriegsrechtskonferenz heißt. Die Londoner Er-
klärung ist aber bekanntlich von keiner Macht ratifiziert worden.
Gleichwohl hat zwar Deutschland sie uneingeschränkt seiner Prisen-
ordnung vom 30. IX. 1909 zugrunde gelegt, während England
gleich zu Beginn des Krieges und auch später noch ausdrücklich
zu erkennen gab, daß es in mehrfachen wesentlichen Beziehungen
die Londoner Erklärung nicht zur Richtschnur seines Verhaltens
machen würde. Jedenfalls ist aber eine Beschränkung der Rechte
** Sie ist inzwischen durch Kais. Ver. v. 18. 4. 15 RGBl. S. 240 in
Vergeltung gegen England erheblich abgeändert.