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ist aber noch nicht das schlimmste dabei: das schlimmste ist die von mir
schon früher (Polizei und Prostitution 1911 S. 73, auch Ztschr. f. d. ges.
Staatswschft. Bd. 67 8. 254) betonte Gefährdung der Rechtssicherheit.
Von zwei ganz verschiedenen Seiten wirkt diese Gefährdung: einmal, in-
dem die von der Polizei ausdrücklich oder stillschweigend erteilte Geneh-
migung, wie OÖ. MAYER es schlagend ausdrückt (Wbch. St. u. Verw.R. 2. Aufl.,
Bd. 3 S. 435), ein „falscher Wechsel“ ist; zum andern, indem die Polizei
mit dieser im wohlverstandenen Staatsinteresse geschebenden Duldung der
Kuppelei ihre Amtspflicht aus $ 161 StPO. verletzt.
Die rechtliche und staatliche Unhaltbarkeit des jetzigen Zustandes
stellen die Rechtswissenschaft vor zwei Fragen: wie ist dieser Zustand ent-
standen und wie ist er zu beseitigen? Die Untersuchung HALpys nimmt
daher durchaus richtig ihren Weg, von der Darlegung des jetzigen Zu-
standes ausgehend, über eine geschichtliche Betrachtung seines Entstehens
zur Beurteilung seiner Verbesserungsfähigkeit zunächst vom Standpunkt
des geltenden Rechts, dann von dem des zu erstrebenden Rechts. Der,
den zweiten Abschnitt ausfüllende, geschichtliche Rückblick beginnt mit
dem preußischen Allg. Landrecht, das die „Hurenwirtschaft“ von der
Kuppeleistrafe ausdrücklich ausgenommen hatte. Es wird dann kurz die
von mir an anderer Stelle (a. a. O. S. 34—43) ausführlicher dargestellte
Wandelung des preußischen Rechts gezeigt von der nüchternen, nur das
reale staatliche Interesse berücksichtigenden Auffassung des älteren preußi-
schen Rechts zu den gegen Mitte des 19. Jahrhunderts unter höfischen und
priesterlichen Einflüssen ihren Höhepunkt erreichenden, vor allen soziologi-
schen Wirklichkeiten und staatlichen Gefährdungen blinden sittenrichter-
lichen Tendenzen. Für die vom Verf. behandelte Materie erscheint dann
als Ausfluß dieser Entwicklung die die besonderen Verhältnisse der Prosti-
tution ganz außer Ansatz lassende strafrechtliche Regelung der Kuppelei
im preußischen Strafgesetzbuch von 1855, wie sie später in das Reichs-
strafgesetzbuch übergegangen ist. Ob diese Regelung eine unklare Rechts-
lage schafft, wie Verf. meint, wird gleich zu erörtern sein. Jedenfalls
geht aus seinen Ausführungen hervor, daß anfangs weder in der Theorie
noch in der Praxis, besonders der Gerichte, Zweifel darüber bestanden,
daß die strafgesetzlichen Kuppeleibestimmungen eine Schranke bilden für
die polizeiliche Regelung des Prostitutionswesens. Von den später in der
Literatur entstandenen Zweifeln gibt Verf. eine sehr ausführliche Dar-
stellung, die leider durch den vollständigen Abdruck aller einschlägigen
Stellen der zahlreichen Autoren etwas unübersichtlich und ermüdend ge-
worden ist. Das Ergebnis dieser Darstellung, es sei in der Theorie nicht
„herrschende Ansicht, daß der Beherberger unter den Kuppeleiparagraphen
fallen muß“, scheint mir aber höchstens bei rein numerischer Bewertung
der literarischen Aeußerungen gerechtfertigt, denn OPPENHOFF, v. WÄOHTER,
KOHLER, OLSHAUSEN, BINDING, v. LisZzT, MITTERMAIER, V. BITTER und