Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

Eine Untersuchung über das Wesen des Staatenbundes und 
Bundesstaates erfordert vorgängig die Stellungnahme zu einigen 
Fragen allgemeiner Natur. 
Der Staat besteht aus drei Momenten: einem Volke, einem 
Gebiete und einer über dieses Volk und auf diesem Gebiete 
herrschenden höchsten Gewalt. Diese Gewalt, die souveräne oder 
Staatsgewalt bewirkt die Organisation des Volkes zu einem Ver- 
bande. Das Gebiet grenzt die der Staatsgewalt unterworfene Be- 
völkerung ab, bedeutet die räumliche Ausdehnung des Verbandes. 
Die höchste Gewalt zeigt sich andern Staatsgewalten gegenüber 
als ebenbürtig, auf gleichem Fuße stehend. Das Merkmal der 
höchsten Gewalt ist ein inneres, staatsrechtliches; das Merkmal 
der Gleichstellung mit andern Staatsgewalten ist ein äußeres, 
völkerrechtliches. Man spricht deshalb von innerer und äußerer 
Souveränität; die eine bedingt jedoch die andere. Der staatliche 
Verband in seiner äußern Geschlossenheit ist konkret-wirkliches 
Subjekt; er hat völkerrechtliche Persönlichkeit. 
Indem der Staat als Verband alle drei Momente, das Volk, 
die Staatsgewalt und das Gebiet in sich vereinigt, kann er nicht 
wieder in seiner Totalität dem Volke und dem Gebiete gegenüber- 
stehen. Um dies zu ermöglichen, muß man den Begriff Staat 
enger fassen und das eigentlich Belebende, die Staatsgewalt her- 
ausgreifen. Letztere ist so Staat im engern Sinne. Dieser Staat 
tritt der Bevölkerung herrschend gegenüber und hält das Gebiet 
als Wirkungsfeld inne ?. 
2 GIERKE, Wesen der menschlichen Verbände, 1902 S. 24ff. und in 
früheren Schriften sieht den Staat in der Lebenseinheit, die den staatlichen 
Verband durchzieht und in der Vielheit der Glieder sich bewegt. Diese 
Einheit definiert er nicht näher, er bezeichnet sie als etwas Mystisches, 
das nur verdeutlicht werden könne durch die Einreihung des Staates unter 
die Organismen. Allein man kann ohne Zuhilfenahme von Mystik und 
Organik die Lebenseinheit des staatlichen Verbandes in der Staatsgewalt 
finden. — Die herrschende Auffassung sieht im gebietenden Staate eine 
Fiktion, die die Vorstellungen sämtlicher drei Momente, Volk, Gebiet und 
Staatsgewalt enthält. Aber gerade der Umstand, daß der Staat nur der
	        
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