Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

— 59 — 
Und da nur die Staatsgewalt nicht aber der staatliche Verband 
dem einzelnen als befehlendes Subjekt gegenüber zu stehen ver- 
mag, so ist es immer der Staat im Sinne von Staatsgewalt, an 
den man bei Betrachtung der öffentlichen Verhältnisse denkt. 
Sofern man sich diese Zwiespältigkeit des Staatsbegriffes vor 
Augen hält, können Verwirrungen vermieden werden. Wenn 
man z. B. das Gebiet als Moment im Wesen des Staates be- 
zeichnet, so ist hier unter Staat der staatliche Verband zu ver- 
stehen, der durch das Gebiet seine örtliche Ausprägung erhält ®. 
Wenn man vom Gebiete als Objekt des Staates spricht, so hat 
man unter Staat die Staatsgewalt zu denken, die das Gebiet 
innehält und darüber zu verfügen vermag”. Dagegen geht es 
nicht an, das Gebiet als Moment im Wesen des Staates und zu- 
gleich als Objekt des Staates zu bezeichnen. 
Wir können sogar noch auf einen dritten Begriff des Staats 
hinweisen, nämlich auf den Begriff der Nation. Diese ist ein 
einanderzuhalten. Nehmen wir an, daß der Staat im engeren Sinne den Ver- 
trag abschließt, so bedarf es zur Durchführung gegenüber den Gewaltunter- 
worfenen eines staatsrechtlichen Erlasses, der den Inhalt des Vertrages als 
Gesetz in Kraft setzt. Der sog. Ratifikationsakt ist dann teils völkerrecht- 
liche Genehmigungserklärung, teils staatsrechtliche Anordnung. Nimmt 
man dagegen an, der Staatsverband habe den Vertrag abgeschlossen, so 
verpflichtet dieser nicht nur den Verband als solchen, sondern auch seine 
Organe und Glieder. Der Ratifikationsakt wäre dann nur völkerrechtliche 
Erklärung; der Inhalt des Vertrages gälte im Staatsverbande schon völker- 
rechtlich, nicht erst infolge staatsrechtlicher Anordnung; die Verpflichtun- 
gen der Organe und Glieder gemäß Vertragsinhalt wären völkerrechtlicher 
Natur. Vgl. auch meine Ausführungen im Arch. für öffentl. Recht Bd. 23 
S. 384—389. 
8 FRICKER, Gebiet und Gebietshoheit 1901 geht ausschließlich vom Be- 
griffe des Staates als territorialen Verbandes aus. 
® Die Lehre LABANDs, Staatsrecht I S. 190 ff. vom Gebiete als Objekt 
des Staates geht von einem Begriffe des Staates aus, der sich sowohl dem 
Volke als dem Gebiete gegenüberstellt. Doch faßt LABAND auch den Staats- 
verband ins Auge, wenn er S. 192 ausführt, daß das Gebiet das dauernde, 
sich gleichbleibende, die staatliche Individualisation bestimmende Moment 
sei und die räumliche Einheit begründe.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.