— 9 —
weit sie auf bestimmten Gebieten Verträge mit ausländischen
Staaten abschließen dürfen, diesen gleichgestellt, mit beschränkter
völkerrechtlicher Souveränität und Persönlichkeit ausgestattet.
Indem die Zentralgewalt dadurch, daß sie auf die formell
für sich bestehende Gewalt der Einzelstaaten wirkt, indirekt auch
den einzelnen berührt, werden die Bürger der Einzelstaaten mittel-
bar zu Bürgern des Gesamtstaates. Daß beim Staatenbunde ein
Bürgerrecht des Gesamtverbandes bestehe, ist mit Unrecht be-
stritten. Unter dem Deutschen Bunde war der Preuße, der Oester-
reicher usw. gewiß auch Deutscher; unter dem schweizerischen
Bundesvertrage von 1815 der Zürcher, Genfer usw. gewiß auch
Schweizer **. Das Bürgerrecht des Gesamtverbandes setzt aller-
dings das Bürgerrecht des Einzelstaates voraus; für das Bundes-
und Völkerrecht ist die Zugehörigkeit zum Einzelstaate Grund
der Zugehörigkeit zum Gesamtstaate.
Dadurch, daß formell die Zentralgewalt vermittelst der einzel-
staatlichen Gewalt eine Herrschaft auf dem Gebiete ausübt, wer-
den die Territorien der Einzelstaaten zum mittelbaren Gebiete
des Gesamtstaates.. Soweit die Einzelstaaten behufs Abschluß
von Verträgen den ausländischen Staaten gleichgestellt sind, haben
sie auch eine entsprechende völkerrechtliche Gebietshoheit über
ihre Territorien. Uebergriffe des einen Einzelstaates auf das
Gebiet des andern sind bundesrechtliche, nicht völkerrechtliche
Verletzungen.
Materiell betrachtet widerspricht aber ein getrenntes Neben-
einanderbestehen zweier Gewalten in demselben Volke und auf
demselben Gebiete, jede mit staatlichen Aufgaben ausgerüstet,
LABAND, Staatsrecht I S. 58. Diese letztere Auffassung ist logisch konse-
quent, wenn man den Staatenbund als bloßes Vertragsverhältnis ansieht.
Eine eingeschränkte Souveränität der Einzelstaaten nimmt an BRIE a.a. 0.
S. 91.
>: Ein schweiz. Tagsatzungsbeschluß vom 13. Juli 1819 bestimmte: um
als Schweizer anerkannt zu sein, muß man Bürger oder Angehöriger eines
Kantons sein.