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ersterer nur ein Staatenhaus, letzterer nebstdem noch ein Reprä-
sentantenhaus aufweist.
Wenn wir schon den Staatenbund als Staat betrachten, so
ist dies natürlich noch in weitaus höherem Maße beim Bundes-
staate der Fall*!. Besäßen wir einen festen Typus des Einheits-
staates, so könnte man sagen, Staatenbund und Bundesstaat bil-
den neben dem Einheitsstaate Arten des Oberbegriffes Staat.
Der Unterschied zwischen dem Einzelstaate eines Bundes-
staates und einer Gemeinde kann nicht etwa darin gefunden wer-
den, daß der Einzelstaat eine ursprüngliche Gewalt habe, während
der öffentliche Verband seine Gewalt von der Staatsgewalt ab-
leite; denn auch die Gewalt der Gemeinde kann historisch vor
derjenigen des Staates bestanden haben. Die Gewalt der Ge-
meinde ist so gut ein Stück der Staatsgewalt, wie die Gewalt des
Einzelstaates *, Man kann sowohl die Gewalt des Einzelstaates
“1 Vgl. HÄne, Studien I 8. 63ff. Dagegen LABAnND, Staatsrecht I
S. 82.
42 LJABAND, Staatsrecht I S. 68 nimmt an, daß der Einzelstaat eine
Staatsgewalt besitze, die Gemeinde nicht. Staatsgewalt ist nach LABAND
teilbar, dagegen nicht die Souveränität; die Einzelstaaten sind Staaten
ohne Souveränität. Allein auch die Gemeindegewalt ist ein Teil der Staats-
gewalt. Nach LaBAnD besteht ein Unterschied darin, daß die einzelstaat-
liche Gewalt Herrschaftsrechte habe, d. h. Rechte, freien Menschen zwin-
gend zu befehlen, die Gemeindegewalt dagegen nicht. Allein auch die Ge-
meindegewalt hat mancherorts auf einzelnen Gebieten, namentlich auf dem
Gebiete des Polizeiwesens die Macht, freien Menschen mit zwingender
Macht zu befehlen. Dueviıt, Trait& du droit constitutionel I S. 124 macht
darauf aufmerksam, daß die französischen Gemeinden früher Gesetzgebung,
Rechtsprechung und Verwaltung hatten; heute noch hätten sie einen ge-
wissen pouvoir constituant: sie organisieren ihre Polizei, wenn sie weniger
als 40000 Einwohner haben; sie haben die gesetzgebende Gewalt, indem
sie Polizeireglemente erlassen können, welche die Kraft von eigentlichen
Gesetzen haben. Die Gemeindegewalt hat allerdings nur Verordnungsge-
walt, das Recht, Anordnungen intra leges zu treffen. Allein auch die einzel-
staatliche Gewalt besitzt im Verhältnisse zur Zentralgswalt nur Verord-
nungsgewalt, Recht zu Anordnungen intra Bundesgesetzgebung. — Die
Annahme einer Staatsgewalt ohne Souveränität widerspricht auch der bis-