Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 37 (37)

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zu erhalten. Diese haben kraft ihrer Mitgliedschaft einen An- 
spruch darauf. Nicht kann es umgekehrt die Aufgabe und die 
Berechtigung des Reiches sein, über die Einzelstaaten willkürlich 
zu verfügen. Die Einzelstaaten stehen nicht zur Disposition des 
Reiches. Sie sind nicht Objekte der Reichsgewalt, wie die Kolo- 
nien, sondern, wenngleich nur in ihrer Gesamtheit, Subjekt, jeder 
einzelne von ihnen Mitinhaber der Reichsgewalt. 
Auf ein ebenfalls wertvolles, wenn auch m. E. nicht aus- 
schlaggebendes Argument weist LABAND!S® hin. Er verneint die 
Befugnis des Reiches, Gebietsteile eines Bundesstaates an das 
Ausland abzutreten, deswegen, weil hier das in der Mitgliedschaft 
enthaltene Recht jedes Einzelstaates auf gleichmäßige Behandlung 
mit allen anderen, die Unzulässigkeit, ihm höhere Lasten und 
größere, besondere Opfer zuzumuten, zur Anwendung komme 
(S. 200. Auf der Anerkennung der Gleichberechtigung, der Ko- 
existenz einander ebenbürtiger staatlicher Personen beruhe das 
Bundesverhältnis, der bundesstaatliche Charakter des Reiches. Es 
sei nur dann zulässig, einem Staate größere Lasten aufzuerlegen, 
erheblichere Opfer an Hoheitsrechten zuzumuten, als anderen 
wenn er seine spezielle Einwilligung dazu gebe (S. 116 £.). 
Die Möglichkeit einer Kompetenzerweiterung des 
Reiches dahin, daß es über das Gebiet seiner Gliedstaaten zu ver- 
fügen berechtigt sei, ist also abzulehnen. Das Reich ist zu 
solchen Verfügungen nicht zuständig. Berührt eine Verfügung 
des Reiches über Reichsgebiet zugleich Landesgebiet, so ist die 
Rechtsgültigkeit der Verfügung dadurch bedingt, daß auch der 
Gliedstaat von sich aus eine dahin gehende Maßnahme trifft. 
Diese Maßnahme wird, mag man in ihrem Wesen eine „Zustim- 
mung“ zu dem Akte der Reichsgewalt oder richtiger eine selb- 
ständige Staatshandlung erblicken, äußerlich in genau der glei- 
chen Weise und derselben Form wie eine selbständige Gebiets- 
159 Staatsrecht I. 200, 116£.
	        
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