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sammentragen und im einzelnen nach rechtlicher Natur und Trag-
weite charakterisieren würde.
FRIEDRICH CARL V. SAVIGNYs Schrift: „Vom Beruf unserer
Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, 1814“ enthält auf
Seite 153 f. ein Wort, das auch heute, nach bundert Jahren, wie-
der neue Bedeutung gewonnen hat:
„Die Erfahrung dieser letzten Zeit hat gezeigt, welches Zu-
trauen die deutschen Völker zueinander fassen dürfen, und wie
nur in der innigsten Vereinigung ihr Heil ist.“
Es ist nicht zu bezweifeln, daß wir am Vorabend einer neuen
Zeit stehen, in der dem deutschen Geist eine besonders bedeutungs-
volle Aufgabe unter den Völkern zufallen wird; und da gilt es,
daß er sich rüste, um deren Erfüllung in jeder Richtung durchaus
gewachsen zu sein. — Wir hoffen zuversichtlich, daß wesentlich
mit Hilfe der deutschen Wissenschaft eine politische
und kulturelle Blüte des Deutschtums sich entfalten möge, ver-
gleichbar seiner geistigen Erhebung im Zeitalter des Humanismus,
daß auch wir mit Ulrich von Hutten sprechen können: „Jahr-
hundert, es ist eine Lust, in dir zu leben!“
Das deutsche Volk muß bei der Uebernahme jener verant-
wortungsvollen Aufgabe die inneren Voraussetzungen und wissen-
schaftlichen Hilfsmittel bereits besitzen; gleichzeitig ist auch eine
abgeschlossene Organisation im staatlichen und kulturellen Leben
erforderlich, die bei uns heute schon im wesentlichen fertig da-
steht.
In diesem besonderen Sinne können auch wir gegenwärtig
vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft
sprechen, besonders auf dem Gebiet des öffentlich-rechtlichen Für-
sorgewesens, auf dem das deutsche Recht schon vor Jahrzehnten
dem Ausland vorbildlich vorangeschritten ist, und das — wie das
öffentliche deutsche Recht überhaupt — in den letzten Jahrzehnten
in Gesetzgebung, Rechtslehre und Rechtsprechung mächtig auf-
geblüht ist. Ein wesentliches Verdienst in dieser Richtung ist
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