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ertreuen wird — mehr wird er aber kaum damit anfangen können. Und
die Wiedergabe der Mitteilungen „freiwillig gouvernementaler“ Blätter, wie
Norddeutsche Allgemeine, Times, Temps, Nowoje Wremja usw.? Es ist
selbstverständlich von Wichtigkeit z. B. aus der Norddeutschen Allge-
meinen vom 21. und 30. Mai 1915 zu erfahren, wie die deutsche Regierung
den Abfall Italiens zu beurteilen wünscht (S. 500 ff., S. 503 ff), Aber
völkerrechtliche Urkunden ? Ist der Zeitungsbericht über die Rede des Ver-
teidigers in einem Schwurgerichtsprozeß eine strafrechtliche Urkunde?
Dem Herausgeber dieses Bandes, TH. NIEMEYER, ist diese Frage nicht
entgangen. Er bemerkt in der Vorrede: um der Beurteilung so weit als
möglich das Material zu liefern, „mußte in noch stärkerem Maße als in
dem vorhergehenden Bande der Begriff der völkerrechtlichen Urkunde er-
weitert werden.“ Aber verträgt der Begriff solche Dehnung? Wäre nicht
besser gesagt: Material zur Beurteilung der äußeren Politik der Staaten
im Weltkrieg? Wohlverstanden: wir haben alle Ursache dankbar zu sein
für diese Sammlung; sie ist mit großer Sorgfalt gemacht und mit scharfem
Blick für das, worauf es ankomnıt. Aber andererseits dürfen wir doch
etwas empfindlich, sagen wir geradezu etwas engherzig sein wegen unserer
Fachausdrücke. 0.M.
Dr. jur. Erwin Jacobi, a. o. Professor an der Universität Leipzig, Bin-
führung indas Gewerbe- und Arbeiterrecht. Leipzig
1919. Felix Meiner. VI. u. 42 8. Pr. Mk. 1.75.
Die kleine Schrift will einen Grundriß bringen für ihr recht umfas-
sendes, aber wohl abgegrenztes Gebiet. Sie ist entstanden aus Vorträgen
welche der Verfasser während des Krieges für eine ganz unjuristische Zu-
hörerschaft gehalten hat. Die wissenschaftliche Zuverlässigkeit versteht
sich bei dem Verfasser von selbst. Es ist ihm aber auch gelungen, der
Sache eine sehr anziehende, leicht verständliche Darstellung zu geben. In
dieser Hinsicht ist es geradezu ein kleines Kunstwerk, was wir hier vor
uns haben. O.M.
Alfred Friters, Revolutionsgewalt und Notstandsrecht.
Rechtsstaatliches und Naturrechtliches. Nebst einigen Vorschlägen
zu der neuen Verfassung. Berlin 1919. J. Guttentag. 199 8.
Der gewählte Titel hat viel Anziehendes. Wie wird unsere Staats-
rechtswissenschaft sich einstellen auf die grundstürzenden Aenderungen,
die mit ihrem Stoffe vorgegangen sind? Neue Gedanken, scheint es, wird
sie zunächst nicht entwickeln, wohl aber der alten sich eigenartig be-
dienen.
Kann eine aus der Revolution hervorgegangene Regierung ohne weiteres
Rechtssätze schaffen, „Verordnungen mit Gesetzeskraft“‘? So-
fern sie tatsächlich in den Besitz der Staatsgewalt getreten ist, zweifellos,