Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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Das Staatsministerium begründete übrigens seine Ansicht in 
folgender Weise: Durch den Ausdruck in 82 Nr. 2 Disziplinar- 
gesetz von 1852 „sich zeigt“, im Gegensatz zu „ist“ oder „sich 
benimmt“ werde das entscheidende Gewicht nicht sowohl auf den 
Zeitpunkt des Begehens, als vielmehr auf denjenigen des Be- 
kanntwerdens unwürdiger Handlungen während der Anstel- 
lung des Beamten gelegt. Der Disziplinarriehter habe daher für 
die Beurteilung, ob ein Beamter im Sinne dieser Strafbestimmung 
sich unwürdig zeige, nicht nur die Handlungen, die ein Be- 
amter als solcher in oder außer dem Amte begehe, sondern 
auch diejenigen Tatsachen und Handlungen (Unterlassungen) in 
Betracht zu ziehen, die in die Zeit vor Erlangung der Beamten- 
eigenschaft fielen, aber erst während der Amtierung des Beamten 
bekannt würden oder zur amtlichen Kenntnis gelangten °. 
Der unbefangene Leser wird hinsichtlich des $2 Nr. 2 Dis- 
ziplinargesetz von 1852 schwerlich der Wortinterpretation des 
Staatsministeriums folgen können. Bereits die Fassung von Nr. 1: 
„Ein Beamter, welcher die Pflichten verletzt, die ihm sein 
Amt auferlegt“, bezielt offensichtlich als disziplinwidrig nur 
solche Handlungen des Beamten, welche derselbe nach Erlangung 
von Amt und Beamteneigenschaft und demgemäß nach dem Ueber- 
kommen von Amtspflichten gegen dieselben begangen. Ein gleich- 
artiger Tatbestand wird nun aber sinngemäß auch offenbar in 
Nr. 2 vorausgesetzt. Es kommt hiernach nicht darauf an, daß 
der Beamter ‚gewordene irgendwie „sich unwürdig zeigt“, sondern 
das „sich unwürdig zeigen“ muß erfolgen dureh sein Ver- 
halten in und außer dem Amt. also jedenfalls durch 
Handlungen nach Erlangung von „Amt“ und Beamteneigenschatt. 
Es ist eine petitio principi, wenn dem gegenüber das Staatsmi- 
nisterium das „sich unwürdig zeigen“ auf ein objektives, erst nach 
der Anstellung als Beamter eintretendes, als „unwürdig bekannt 
werden“ abstellt. Es ist dadurch das „sich unwürdig zeigen“ von 
  
® v. RHEINBABEN, Disziplinargesetze S. 95 f.
	        
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