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deres zu beachten. Für die Verwirklichung des von den Ahgaben-
gesetzen gewollten Rechtszustandes ist nicht die Schuld, sondern
die Haftung das wichtigere. Die Haftung hat daher im Finanz-
recht ihre besondere Ausgestaltung erfahren. Möglichst viele Per-
sonen und Sachen und in möglichst weitem Umfange sind sie in
die Haftung verstrickt.‘ Die Anforderungen des Alltagslebens, das
nicht über das erforderliche Maß eingeengt werden soll, setzen
jedoch der Auferlegung von Haftungen Schranken. Vielfach ist
die Haftung sachlich und zeitlich beschränkt oder bloß zeitlich
oder bloß sachlich. Ist die Haftung eine unbeschränkte, so tritt
die Analogie aus der Verjährung des bürgerlichen Rechtes auf
den Plan und setzt der Finanzgewalt eine Schranke.
Schuld und Haftung sind die materiellen Rechtsbeziehungen,
auf deren Ausgestaltung es im Finanzrecht ankommt. Nach ihrer
Aus- und Durcharbeitung müssen wir streben, um unser Ziel,
eine wissenschaftliche Durchdringung des Finanzrechtes, zu er-
reichen. Dabei müssen wir aber mit größter Schärfe betonen,
daß es sich um öffentliches Recht handelt. Die Schuld
und die Haftung des Finanzrechtes können in Einzelheiten an
privatrechtliche Begriffe anknüpfen, z. B. wenn die Grundsteuer-
schuld den Eigentümer oder dauernden Nutznießer eines Grund-
stückes trifft. Die Bezugnahme auf privätrechtliche Begriffe ist
aber nicht unbedingt notwendig. So trifft die badische: Vermögens-
steuer vom Betriebsvermögen den Unternehmer, welcher keines-
wegs der Eigentümer oder Nießbraucher zu sein braucht, sondern
derjenige ist, auf dessen Rechnung der Betrieb erfolgt*, während
bezüglich der Vermögenssteuer von Grundstücken und Gebäuden,
sowie vom Kapitalvermögen der Eigentümer bzw. Nießbraucher
(Nutznießer) Steuerschuldner ist.
4 Badisches VermStG. vom 28. Sept. 1916/27. Mai 1910, 8 6; ebenso
das bayrische Gewerbsteuergesetz vom 14. Aug. 1910, Artikel 2; das württem-
bergische Gesetz betr. Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer vom 8. Aug.
1908, Artikel 3.