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des Finanzrechts ohne Rücksicht auf das Wollen oder Nichtwollen
des einzelnen lediglich auf Grund bestimmter rechtserzeugender
Tatsachen, ihr Entstehen ist vom Willen des einzelnen unabhängig.
Es sind bloß gewisse Tatsachen oder rechtliche Beziehungen, die
bei jeder einzelnen Gattung der Abgaben verschieden sind und
selbst wieder vom Willen des einzelnen mehr oder weniger be-
stimmt werden, erforderlich. Das Finanzrecht kümmert sich nicht
um sein Wollen oder Niehtwollen, sondern nur um die Tatsachen.
Nicht nur die Entstehung von Schuld und Haftung ist vom
Privatwillen unabhängig, auch weiterhin ist private Dispo-
sition in der Regel ausgeschlossen. Es ist dem Schuldner
in der Regel nicht überlassen, zu bestimmen, wann er zahlt und
ob er selbst zahlt. Dies kann mitunter soweit gehen, daß er selbst
gar nicht zahlen kann, trotzdem er Schuldner ist und bleibt, da-
für aber beansprucht der Staat die Zahlung für ihn von einem
anderen. In weiterer Verfolgung dieser Grundsätze greift der Ge-
setzgeber selbst in das Verhältnis zwischen Schuldner und Haf-
tendem ein. In manchen Fällen überläßt aber der Gesetzgeber
den Ausgleich zwischen Schuldner und Haftendem dem freien Ver-
kehr, so in Oesterreich bei der im Abzugswege erhobenen Renten-
steuer. Die Steuer ist dann leicht geeignet, ein ganz anderes
Gewand anzunehmen, als ihr der Gesetzgeber anfangs zuge-
dacht hat.
Die finanzrechtliche Schuld und Haftung sind materiell ein-
seitige° Rechtsverhältnisse, auf deren einer Seite, jener des
Berechtigten, kein gleichgeordnetes, sondern ein übergeordnetes
Rechtssubjekt, Staat oder kommunales Finanzsubjekt, steht. Der
Leistung des Untertans steht bei den Steuern im Gegensatze zu
den Gebühren keine Gegenleistung des Staates gegenüber. Letz-
terer wendet ferner seine Herrschermacht zur Durchsetzung seiner
5 Das schließt nicht aus, daß dem Leistensollen auf der einen Seite
ein Bekommensollen auf der’ anderen Seite entspricht, das Rechtsverhältnis
also formell zweiseitig ist.-