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als solche Steuerschuldnerin. Darin aber für das Bürgerliche
Recht ein Argument für die juristische Persönlichkeit der ruhen-
den Erbschaft zu sehen, halte ich für übereilt. In den führenden
preußischen und den ihnen nachgebildeten anderen deutschen Ein-
kommensteuer- und Vermögensteuergesetzen fehlt eine derartige
Bestimmung. Sie ist auch nicht ganz in Einklang zu bringen
mit dem Rechtssatz: „Der Tote erbt den Lebendigen.“ Letzterem
Grundsatz entspricht vielmehr die in den meisten Ergänzungs-
steuergesetzen verfügte Hinzurechnung des zu einer ungeteilten
Nachlaßmasse gehörigen Vermögens den Erben nach Verhältnis
ihres Erbteiles!’ bzw. beim Wehrbeitrag die Behandlung des un-
geteilten Nachlasses als Gesamthandsvermögen und des Anteiles
jedes Erben an demselben als Bestandteil seines beitragspflichtigen
Vermögens.
Weitaus wichtiger als die bisher erwähnten Fälle, deren Auf-
rechterhaltung und weitere Ausgestaltung von der Finanzwissen-
schaft angefochten wird, sind jedoch die Familien- und die Haus-
haltsbesteuerung. Hier berühren wir geradezu Grundfragen der
Einkommen- und Vermögensbesteuerung von physischen Personen.
Für das Bürgerliche Recht handelt es sich sowohl bei der Familie
als auch beim Haushalt bloß um eine Anzahl von Einzelpersonen,
die höchstens familienrechtlich oder durch obligatorische Verträge,
nach deutschrechtlicher Lehre auch personenrechtlich, jedenfalls
aber von Person zu Person, verbunden sind. Erst das modernste
Recht erweckt wieder ‘die Familie als solche zu neuem Leben.
Das Finanzrecht gelangt von altersher zu einer Einheit höherer
Ordnung. Der Einkommensbegriff, die vermögensrechtlichen Be-
ziehungen der Familienangehörigen unter einander, schließlich die
1% Vgl. Preuß. ErgStG. in der Fassung vom 19. Juni 1906, $ 5;
sächs. ErgStG. vom 2. Juli 1902/21. April 1906, $ 15; badisches Verm$tG.
vom 28 Sept. 1906/27. Mai 1910, & 6; Lippesches ErgStG. vom 12. Juni
1912, $ 7; Mecklenburg. ErgStG. vom 6. Mai 1913, $ 4. Entsch. d. preuß.
OVG. in Staatssteuersachen XVII Nr. 136,
2° Entsch. d. preuß. OVG. in Staatssteuersachen XVII. Abt. II Nr. 2.