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persönlichen Verband, sei dieser herrschaftlicher oder genossen-
schaftlicher Natur. In der modernen Zeit, in den vergrößerten
Verhältnissen des modernen öffentlichen Verbandes, kommt eine
Schuld ohne Haftung auf steuerlichem Gebiet auf die Dauer nicht
aus. Es kann nur in Frage kommen, ob bei dem einzelnen Schuld
und Haftung vereint vorkommen oder ob die Steuerorganisation
eine Trennung von Schuld und Haftung möglich oder gar not-
wendig macht.
Als die Regel werden wir auch im Finanzrecht, anerkennen
müssen, daß für eine Schuld der Schuldner auch voll und ganz
haftet. Bei einer Unterstellung des Zwangsverfahrens unter den
sogenannten Verwaltungszwang wird diese Verbindung immer aus-
schließlichere Geltung zu erringen trachten. Derjenige, welcher
die Steuer zahlen soll, bekommt seine Aufforderung zur Zahlung,
und wenn er ihr nicht Folge leistet, droht ihm der Verwaltungs-
Zwang.
In verschiedener Richtung kann nun eine Zweiung des Ver-
hältnisses von Schuld und Haftung eintreten:
a) Vor allem haben wir die Frage der Schuld ohne Haf-
tung zu erörtern. Wie erwähnt, hat sie im modernen Finanz-
recht als dauernde Einrichtung keinen Platz. Nur als ein Stadium,
als eine Stufe im Werdegang des Schuldverhältnisses, kann sie in
Betracht kommen. Nie direkten Steuern sind überwiegend Ver-
anlagungssteuern. Die Veranlagung oder Bemessung hat nicht
nur den Zweck, die Steuerschuld festzusetzen, autoritativ zu be-
stimmen, sondern auch die Haftung zu begründen. Derjenige,
dessen Schuld noch nicht formell festgesetzt ist, haftet für seine
Schuld noch nicht, es haftet aber auch niemand anderer. Seine
Schuld hat vorerst nur den Inhalt, daß er verpflichtet ist, durch
das Bekenntnis dafür zu sorgen, daß die Veranlagung vorgenom-
men werden kann und er in die Lage versetzt wird, die autoritativ
festzusetzende Schuld abzutragen. Auch dann, wenn die Veran-
Jagung unterblieben ist, weil die der Bekenntnisüberreichung vor-