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hebungsetzen verschwindet auch die materiellrechtliche Schuld;
bei der Niederschlagung (Abschreibung) müssen wir sie aber wohl
als Schuld ohne Haftung weiterbestehend ansehen; der Staat ver-
zichtet nicht auf seine Ansprüche, er übt nur keinen Zwang gegen
den Schuldner aus.
Dies sind Fälle, in denen es zu einer Schuld ohne Haftung
kommen kann und tatsächlich kommt. Der umgekehrte Zustand,
die Haftung ohne Schuld, hat nur dann einen Sinn, wenn die
Schuld nachfolgt, also als Haftung für eine künftige Schuld oder
wenigstens als Haftung für eine künftig mögliche Schuld. Bei
den direkten Steuern könnten wir bloß die Sonderrücklagen zur
Sicherung der Kriegs(gewinn)steuer, sowie die Vorauszahlungen auf
noch nicht veranlagte Steuern hieherrechnen. Sonst beschäftigt
die Gesetzgebung bei der Haftung nicht die Sorge um künftige,
sondern nur die Sorge um rückständige Steuern. Es wäre gar
nicht angezeigt, für eine künftige Schuld irgendwelche Personen
oder Sachen haften zu lassen, denn die Haftung berulıt auf einem
von der Finanzgewalt auferlegten Zwang, und dieser soll und darf
nur soweit reichen, als die Freiheit des wirtschaftlichen Verkehres
dies irgendwie zuläßt.
b) Ein interessanteres und praktisch bedeutungsvolleres Pro-
blem als die haftungslose Schuld und die schuldlose Haftung ist
die Schuld ohne eigene Haftung und die Haftung ohne eigene
Schuld. In diesen Fällen besteht für die Schuld gleichzeitig auch
eine Haftung, aber die Verteilung ist in persönlicher Beziehung
eine verschiedene.
Eine Schuld ohne eigene persönliche Haftung findet sich bei-
spielsweise bei der Grundsteuer. Da bei der österreichischen
Grundsteuer die persönliche Haftung nach $ 53 des Gesetzes vom
23. Mai 1883 an die Eintragung in den Grundsteuerkataster ge-
bunden ist®?, besteht für den im Grundsteuerkataster nicht einge-
82 Erkenntnis des österr. VGH. Bupwınskı 4030 v. 1888, 6628 v. 1892,
8578 v. 1895.
Archiv des öffentlichen Rechte. XXXIX. 2. 16