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ähnlich wie die Bannwarenerklärung nach Art. 23 der Londoner
Seerechtserklärung von 1909. Da der Kaiser das Reich völker-
rechtlich zu vertreten hatte (BReichsverf. Art. 11), so wäre er für
die maßgebliche Franktireur-Erklärung zuständig gewesen.
Von dieser Zuständigkeit hat der Kaiser unter Gegenzeichnung
des als Stellvertreter des Reichskanzlers zeichnenden Staatssekre-
tärs des Reichsmarineamts Gebrauch gemacht in der Prisenord-
nung vom 30. September 1909 (KGBl. 1914 S. 275 ff.). Aber
völlig klar ist die Franktireursirage hierdurch nicht geregelt
worden.
Abschnitt VII (Behandlung der Besatzung und der Passa-
giere aufgebrachter Schiffe) beginnt allerdings mit folgender
Ziffer 99:
„Ist ein Schiff nach 16b (Widerstand) oder 55a (Teilnahme
an Feindseligkeiten) aufgebracht worden, so kann mit den-
jenigen Personen, die, ohne in die feindliche Streitmacht ein-
gereiht zu sein, an den Feindseliskeiten' teilgenommen oder
gewaltsam Widerstand geleistet haben, nach dem Kriegsge-
brauche verfahren werden.“
Aber Ziffer 16b handelt vom neutralen Schiff, das „sich
den Maßnahmen des Prisenrechts gewaltsam widersetzt“, Ziff. 55 a
vom neutralen Schiff, das „an den Feindseligkeiten teilnimmt“.
Vom feindlichen Schiff ist hier überhaupt nicht die Rede,
und es versteht sich nicht von selbst, daß das feindliche Schiff
ebenso behandelt werden muß wie das neutrale. Bei buchstäb-
licher Auslegung würde sogar das gerade Gegenteil aus der Prisen-
ordnung zu entnehmen sein. Denn die Aufbringung eines feind-
lichen Schiffes wird in Ziff. 10 geregelt („Feindliche Schiffe unter-
liegen der Aufbringung‘“). Ziff. 100 aber bestimmt: „Ist
ein Schiff gemäß 10 als feindliches ... aufgebracht, so wer-
den der Kapitän, die Offiziere und die Mitglieder der Besatzung
—. soweit sie feindliche Staatsangehörige sind — nicht zu Kriegs-
gefangenen gemacht, wenn sie sich verpflichten, während der