Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

— 264 — 
tember 1917, in einer Zeit als das deutsche Volk noch eine maßgebende 
Stimme im Rate der Völker zu behaupten schien (Frühjahr 1918), zu seinem 
Teile dazu mitgeholfen hat, die öffentliche Meinung für das Prinzip der 
Streitschlichtung durch Schiedssprüche zu gewinnen. Er macht das auf 
eine orginelle Art. Der Deutsche, meint er, und das ist gewiß in beträcht- 
lichem Umfange richtig, denkt geschichtlich. Wenn man ihm zeige, daß 
eine Einrichtung von altersher im Zuge der deutschen Entwicklung liege, 
so sei er schon zu einem guten Teile für die Sache gewonnen. Nun ist es 
ja Tatsache, daß das Schiedsgericht in der deutschen Rechtsgeschichte eine 
sehr bedeutende Rolle spielt. Die Streitschlichtung durch einen Schieds- 
richter bildet einen Uebergang vom Faust- und Fehderecht zum staatlichen 
Rechtsprechungszwang. Sie begleitet später die staatsrechtlich-politische 
Entwicklung der deutschen Dinge vom Interregnum bis zu den Austrägal- 
Instanzen des Deutschen Bundes. Sie hatte ihre letzte Stätte, nach Er- 
ringung der nationalen Einheit, in den Zuständigkeiten des Bundesrats 
aus Artikel 76 der Reichsverfassungsurkunde. So entrollt uns denn Verf. 
in angenehmem Stile und verständigem Maßhaiten in der Darbietung von 
Einzelheiten ein Bild dieser ganzen Entwicklung. Er stützt sich dabei — ohne 
irgend den Anspruch selbständiger Auffassung zu erheben — in der Haupt- 
sache aufein altes Buch von Leonhardi (das Austrägalverfahren des deutschen 
Bundes 1838/45) und auf Gierke. 
Man kann ja freilich einwenden (und sowohl der Verfasser im Schluß- 
wort, wie ZORN in dem Vorwort, das er beigesteuert hat, lassen das durch- 
blicken), daß alles darauf ankommt, ob und in welchem Grade die souveränen 
Mächte sich als Glieder einer Genossenschaft fühlen und zu fühlen vermögen, 
in der Recht und „Minne“ eine Stätte haben und berufen sind, die erbar- 
mungslose Selbstbehauptung zu verdrängen, und daß, wann erst dieser Ge- 
nossenschaftsgedanke die internationale Welt ergriffen habe, seine Bewahrung 
und Verbürgung mindestens durch Schiedsgerichtbarkeit, wenn nicht noch 
festere Verknüpfungen, etwas selbstverständliches sei, das keiner großen 
historischen Ableitung bedürfe. Aber dem Publizisten ist es Recht und Pflicht, 
auch das Selbstverständliche zu wiederholen und allseitig zu beleuchten, 
und als Publizistik, nicht als Forschungsergebnis ist das Büchlein zu würdigen. 
Thoma. 
  
  
v. Keller-Trautmann. Kommentar zum Reichs- und Staats- 
angehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913. München 1914, 
C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung, Oskar Beck. 
Seit dem Erscheinen des Werkes sind über vier Jahre verflossen. Die 
Ereignisse dieser Zeitspanne haben das Öffentliche Recht dieses Landes in 
seinen Grundfesten erschüttert, zum Teil schon grundlegend umgestaltet. 
Zwar ist zunächst durch ausdrückliche Verordnung an dem bestehenden 
Rechtszustand des: jungen Gesetzes nichts geändert. Aber es kann nicht
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.