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1918, Nr. 15). Der aus beiden Gruppen zusammengesetzte. ‚Rat
der Volksbeauftragten, der für sich die Summe der gesamten
Staatsgewalt in Anspruch nahm, mußte im Verlaufe des Novem-
ber 1918 die Erfahrung machen, daß sich die verschiedenen Räte,
besonders aber die Berliner Arbeiter- und Soldatenräte mit ihrem
Vollzugsausschusse durchaus nicht seiner Diktatur unterordneten,
sondern sich erst neben dem Rate der Volksbeauftragten als
oberste Gewalt gaben und schließlich versuchten, den Rat der
Volksbeauftragten unter ihre Macht zu zwingen. Aus diesen
Kämpfen ging die Vereinbarung vom 22. November hervor fol-
genden Inhalts (vgl. STIER-SOMLO, Reichsverfassung 1919 S. 10 £.):
1. Die politische Gewalt liegt in den Händen der A.- und
S.-Räte der deutschen sozialistischen Republik. Ihre Auf-
gabe ist es, die Errungenschaften der Revolution zu be-
haupten und auszubauen sowie die Gegenrevolution nieder-
zuhalten.
2. Bis eine Delegiertenversammlung der A.- und 8.-Räte
einen Vollzugsrat der deutschen Republik gewählt hat, übt
der Berliner Vollzugsrat die Fuktionen der A.- und 8.-Räte
der deutschen Republik im Einverständnis mit den A.- und
S.-Räten von Großberlin aus.
3. Die Bestellung des Rates der Volksbeauftragten durch
den A.- und S.-Rat von Großberlin bedeutet die Uebertragung
der Exekutive der Republik.
4. Die Berufung und Abberufung der Mitglieder des ent-
scheidenden Kabinetts der Republik und — bis zur endgülti-
gen Regelung der staatlichen Verhältnisse — auch Preußens
erfolgt durch den zentralen Vollzugsrat, dem auch das Recht
der Kontrolle zusteht.
5. Vor der Berufung der Fachminister durch das Kabinett
ist der Vollzugsrat zu hören
Hiernach gewinnt es den Anschein, als ob die Berliner Räte-
gruppe einen vollständigen Sieg über den Rat der Volksbeauf-
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