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stellen würde. Damals blieb schon aus technischen Gründen; da
man doch nicht im entferntesten daran denken konnte, sofort alle
Materien durch neue verfassungsmäßige Gesetze zu regeln, nichts
anderes tibrig, als die absoluten Erlasse des Polizeistaates, soweit
sie verkündet waren, stillschweigend in die neue Zeit des Ver-
fassungsstaates hinüberzunehmen, nun aber mit der Bedeutung
von verfassungsmäßig erlassenen Gesetzen, so daß in Zukunft auch
ihre Abänderung nur noch in den Formen der Gesetzgebung, nicht
etwa der landesherrlichen oder 'ministeriellen Verordnung mög-
lich war.
Eine entsprechende stillschweigende Uebernahme der revo-
lutionären Erlasse seitens der vorläufigen Reichsgewalt wäre nun aber
beim Uebergang von der Revolution zum Verfassungsstaat der
vorläufigen Reichsverfassung nicht am Platze gewesen. Einmal
ließ sich ja hier trotz der starken Vorordnungstätigkeit der Revo-
lutionsregierung die Zahl der revolutionären Erlasse noch voll-
ständig übersehen; und dann handelte es sich jetzt gerade darum,
den revolutionären Erlassen, die bisher ihre Verbindlichkeit nur
aus dem „Rechte der Revolution“ abgeleitet hatten, eine nach-
trägliche ausdrückliche Sanktion durch einen besonderen Beschluß
der neuen gesetzgebenden Organe, vor allem der Nationalversamm-
lung, zu geben, damit jeder Zweifel an der Rechtsgültigkeit dieser
Verordnung behoben und — nach dem Rechtsbruche des Novem-
ber 1918 — wieder eine sichere Grundlage für das Rechts- und
Staatsleben geschaffen würde. Aus dem letzten Grunde konnte
auch eine bloße gesetzliche Erklärung der Gültigkeit der revolutio-
nären Erlasse in Bausch und Bogen nicht als genügend erscheinen,
sondern man mußte versuchen, recht deutlich zum Ausdruck zu
bringen, daß jeder einzelne revolutionäre Erlaß seine Genehmigung
durch die neuen gesetzgebenden Organe gefunden habe. Um dem
Rechnung zu tragen und andererseits eine lästige Neuveröffent-
lichung der revolutionären Erlasse zu vermeiden, fand das Ueber-
gangsgesetz folgende Lösung: