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der Rechtssicherheit zwecks: tunlichster Vermeidung einer der Dik-
tatar des Bundesrates im Kriege ähnlichen Erscheinung das be-
sonders qualifizierte Verordnungsrecht in: der sogenannten ver-
einfachten Form der Gesetzgebung einführt und nun durch den
Erlaß vom 26. April 1919 doch wieder: ein schrankenloses Ver-
ordnungsrecht jedes Reichsmimisteriums anerkennen will, soweit
ein Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Demobilmachung be=
steht. Ein solcher Zusammenhang läßt sich schließlich überall
annehmen, zumal sich die wirtschaftliche Demobilmachung mit
dem Neuaufbau der Wirtschaft verquiekt; die Sachlage ist da
nieht anders als bei der Bundesratsermächtigung vom 4. August
1914 (s. oben unter 1.), und statt der Diktatur des Bundesrates
im Kriege haben wir nun eine Diktatur aller einzelnen Reichs-
ministerien, die noch weit gefährlicher werden muß.
Unter diesen Umständen wird man es im Interesse der Ge-
rechtigkeit nur begrüßen können, wenn die geplante Uebertragung
dieser Verordnungsrechte auf die verschiedenen Ministerien nicht
geglückt ist; und es ist durchaus nicht zu wünschen, daß etwa
eine Nachholung dieser Uebertragung in rechtswirksamer Weise
erfolgt. Dazu bedürfte es Ja auch mindestens der Mitwirkung des
Reichsrates und des 28er Ausschusses der Nationalversammlung ;
und es ist kaıum anzunehmen, daß namentlich der letztere sich
bewußt zur Einräumung so diktatorischer Gewalten bereit finden
sollte, wenigstens zeigt die Behandlung des Verordnungsrechtes
ın der neuen Reichsverfassung keine Neigung der Nationalversamm-
lung zu allgemeinen Delegationen der gesetzgebenden Gewalt.
IX.
Die Reichsverfassung vom 11. August 1919
und das Ausführungsgesetz zum Friedensver-
trage vom 31. August 1919.
Nach den im vorstehenden gegebenen Darlegungen ist durch das
Gesetz über eine vereinfachte Form der Gesetzgebung für die Zwecke