Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

— 354 — 
So teilt die-Entwicklung des Verordnungsrechts im Reiche seit 
November. 1918 die allgemeine. Tendenz des Rechtslebens, aus der 
abgelutistischen, Vereinigung aller Gewalten, wie sie die Revolutions- 
zeit mit sich gebracht hatte, in das.System des Verfassungs- und 
Rechtsstaates zurückzulenken. Mindestens seit dem Gesetz über 
eine vereinfachte Form der Gesetzgebung vom 17. April 1919 
macht sich auch das dieser allgemeinen Richtung entsprechende 
Bestreben geltend, mit den zahlreichen, untereinander konkurrieren- 
den, umfassenden Verordnungsrechten einzelner Stellen aufzuräumen 
und dort, wo allgemeine Delegationen zum Erlaß von Verordnun- 
gen noch nötig werden, diese an formelle Rechtsschranken wie 
die Zustimmung eines parlamentarischen Ausschusses oder des 
Staatenausschusses bzw. Reichsrates zu knüpfen — eine Rechts- 
form, die sich aus den schlimmen Erfahrungen der Kriegszeit mit 
ihrem unbeschränkten Verordnungsrechte des Bundesrats zuerst 
im Hilfsdienstgesetz mit seinem Hilfsdienstausschuß durchgesetzt 
hatte. 
Ganz im Widerspruch zu dieser allgemeinen Richtung der Ent- 
wicklung hält aber die Praxis der Reichsregierung nach wie voran den 
der Revolutionszeit entstammenden unbeschränkten Verordnungs- 
rechten fest, die sich „auf Grund der die wirtschaftliche Demobilma- 
chung betreffenden Befugnisse nach Maßgabe des Erlasses, betreffend 
AuflösungdesReichsministeriumsfür wirtschaftlicheDemobilmachung 
vom 26. April 1919* für die verschiedenen Reichsministerien er- 
geben sollen. In durchaus unzulässiger Weise wird dabei nach- 
träglich ein Zusammenhang mit den Verordnungsrechten des Bun- 
desrates aus & 3 des Ermächtigungsgesetzes vom 4. August 1914 
herzustellen versucht; .und das Verordnungsrecht wird vom Reichs- 
minister des Innern, vom Reichswirtschaftsminister, vom Reichs- 
arbeitsminister und anderen geltend’gemacht, obwohl es in Wahr- 
heit mit dem Demobilmachungsministerium durch den Erlaß vom 
26. April 1919 sein Ende ‚gefunden hat und die Uebertragung 
auf-die anderen Ministerien rechtswirksam nicht erfolgt ist.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.