Reform vorläufig unmöglich geworden. Es fragt sich nun. was
ihr weiteres Schicksal sein wird.
Der König kann den Reichstag auflösen und befehlen, daß
im ganzen Lande Neuwahlen entweder für eine oder für beide
Kammern stattfinden. Die zweite Kammer ist nun aber eben erst
im Herbst 1917 neu gewählt worden. sie hat überdies die Re-
gierungsvorlage angenommen. Die Regierung hat also keinen
Anlaß, dem Könige die Auflösung der zweiten Kammer anzuraten.
So bliebe nur die Auflösung der ersten Kammer allein. Sie würde
aber, so lange das Gemeindewahlrecht nicht abgeändert ist, keine
andere Zusammensetzung ergeben. So bewegt man sich im Kreis-
laufe. Eine Auflösung führt nicht weiter.
Man muß abwarten. Die Verhandlungen haben ergeben, daß
die Rechte sich keineswegs auf das vierzigstufige Stimmrecht
versteift, sie will Zugeständnisse machen nur nicht bis zur Grenze
des gleichen Stimmrechtes, aber bis zu der eines vereinfachten
Mehrstimmrechtes nach Steuerleistung und Tüchtigkeit. Anderer-
seits will die liberale Linke keineswegs das allgemeine Stimm-
recht. das sie selbst verschlingen würde. sondern will die Steuer-
pflicht als Bedingung des Gemeindestimmrechtes erhalten wissen.
Daß also die Liberalen sich zum sozialdemokratischen Programm
bekehren. und die Vorlage ın verschärfter Form wiederkommt.
wie die Sozialdemokraten drohen, ist sehr unwahrscheinlich. Man
wird vielleicht einen Ausgleich zwischen liberaler und konserva-
tiver Anschauung zu gewinnen suchen, wie die dermalige Vorlage
ein Ausgleich zwischen Liberalen und Sozialdemokraten war.
Vorläufig ist jedenfalls die Gemeindewahlreform erledigt, es
bleibt alles heim alten. Aber der Versuch bietet manches Be-
lehrende.