Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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nahm und demgemäß auch (ebenso wie 1831 in Sachsen) mit dem 
Austausch zweier Urkunden zwischen dem König und den Stän- 
den endete. Daß die Staatsrechtslehre der folgenden Zeit den 
Vorgang dieser Verfassungserrichtung doch überwiegend als Selbst- 
bindung der unumschränkten königlichen Gewalt konstruierte, daß 
sie die verfassunggebende Ständeversammlung als ein Geschöpf 
des königlichen Willens ansah und ihrer Auffassung von der 
Verfassungsvereinbarung als Vertragsschließung nur politische. 
nicht juristische Bedeutung beimessen wollte, ist für das deutsche 
Staatsrecht seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts verständlich. 
Daß es auch jetzt noch geschieht *, ist allerdings weniger zu be- 
greifen. Es besteht für uns, wenn wir uns von der Betrachtung des 
Staatsrechts vom Standpunkt der Monarchensouveränität aus frei- 
gemacht haben, doch wirklich kein Grund mehr, die Anerkennung 
eines vertraglichen Elements bei der damaligen Neubegründung 
der Staatsgewalten grundsätzlich abzulehnen. 
Inbaltlich nahm die württembergische Verfassung von 1819 
von alten ständischen Einrichtungen ins neue Recht herüber 
namentlich den ständischen Ausschuß und eine besondere Beteili- 
gung der Stände an der Verwaltung der Staatsschuld®. Auch in 
der Zusammensetzung der zweiten Kammer, in der die Ritter- 
schaft und die Geistlichkeit beider Konfessionen stark vertreten 
waren®, sind solche Elemente zu finden. 
ı So von BLumz, Ein Jahrhundert württ. Verfassungslebens, D. JZ. 
1919 Sp. 716. 
5 Vergleichend sind diese Herübernahmen untersucht worden von 
INGELMANN, Ständische Elemente in den deutschen Volksvertretungen nach 
den Verfassungen von 1815—1819, Breslau 1914; die Schrift konnte aller- 
dings schon wegen ihrer Beschränkung auf die erste Periode deutscher 
Verfassungsbegründungen im 19. Jahrh. ihrem Gegenstand nur wenig gerecht 
werden. 
® Der niedere Adel hatte also in Württemberg ein Vorrecht, das er 
in Preußen später nach dessen Verfassung nicht hatte, die vielmehr die 
Abschaffung der Standesvorrechte dem niederen Adel gegenüber rechtlich 
wirklich durchführte (Art. 4, preuß. Verfassungsurk. vgl. AnscHürtz, Kom- 
 
	        
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