Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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Im ganzen weist aber die württembergische Verfassung von 
1819 — anders als die oktroyierte hannoversche vom selben Jahr, 
die eine wirkliche Weitergeltung des Ständestaates erzielen wollte 
— doch denselben Aufbau der Staatsgewalt auf, wie die badische 
und bayrische, wie später dann die sächsische von 1831 und auch 
die preußische von 1850. Sie alle gehören dem monarchisch- 
konstitutionellen Typ an; die drei süddeutschen Verfassungen sind 
dabei besonders stark beeinflußt durch die französische Charte 
constitutionelle von 1814. Am richtigsten ist es wohl, dieses 
System als die Verbindung, zweier Prinzipien zu kennzeichnen: 
das der Monarchensouveränität mit dem der Gewaltenteilung. Das 
letztere, das eine Zeitlang von der herrschenden Staatsrechtslehre 
in Deutschland, namentlich auch von LABAND zu Unrecht ganz 
beiseite geschoben war, ist ja in seiner Bedeutung für die Er- 
klärung der Verfassungen jetzt wieder voll erkannt. Die Verbin- 
dung dieser beiden Prinzipien bestand darin, daß zwar dem Rechte 
nach Inhaber der ganzen Staatsgewalt der König war, daß aber 
hinsichtlich ihrer Ausübung bei der gesetzgebenden Gewalt die 
Volksvertretung wesentlichen Anteil erhielt, während die richter- 
liche Gewalt durch unabhängige Richter ausgeübt wurde und so- 
mentar S. 116). Dennoch steht dem überaus starken Einfluß des Adels in 
gesellschaftlicber und politischer Beziehung in Preußen ausgesprochene 
Einflußlosigkeit des Adels in Württemberg mindestens seit der Mitte des 
19. Jahrhunderts gegenüber — wiederum ein Beweis dafür, wie sehr Rechts- 
ordnung und tatsächliche Machtverhältnisse auseinandergehen können. In 
den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts waren allerdings auch in 
Württemberg die hohen Verwaltungsstellen großen Teils von Adeligen 
eingenommen. Zu ihrer Verdrängung daraus hat nicht wenig beigetragen 
eine strenge Durchführung der staatlichen Prüfungen und weitgehende 
Berücksichtigung ihrer Ergebnisse bei den Stellenbesetzungen. Wie wohl 
dieses Verfahren, in dessen scharfer Ausbildung auch ein Stück württem- 
bergischer Eigenart steckt, zu Einseitigkeiten führen konnte, so hat es 
doch die Tendenz gehabt, dem Tüchtigen ohne Rücksicht auf seine Her- 
kunft zum Emporkommen zu verhelfen. Dieses Emporkommen ist tat- 
sächlich auch in Württemberg verhältnismäßig häufig gewesen; wie eine 
ganze Reihe von Schwaben beweist. 
 
	        
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