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die späteren Werke zum württembergischen Staatrecht von SAR-
WEY, GAUPP und GÖöZ haben dann die Bedeutung dieser Klausel
vom verfassungsmäßigen Gehorsam immer mehr abgeschwächt.
Denn natürlich konnte die auf eine einzelne Bestimmung der
württembergischen Verfassung begründete Auffassung auf die
Dauer nicht standhalten gegenüber dem vom deutschen Bund aus-
gehenden Druck und auch gegenüber der Rechtsauffassung in
den benachbarten Ländern Baden und Bayern, deren Grundgesetze
die Klausel vom verfassungsmäßigen Gehorsam nicht enthielten.
Aus den Ereignissen des Jahres 1848 läßt sich über die Bewäh-
rung der Grundlagen der Staatsgewalt nach der württembergischen
Verfassung nichts entnehmen, denn die Bewegung dieses Jahres
war gesamtdeutschen Charakters und von solcher Macht, daß sie
überhaupt zunächst überall die Verfassungen gesprengt hat. Wohl
aber kann man vielleicht behaupten, daß eine Aera des Konflikts
mit jahrelangem budgetlosem Regieren, wie wir es ın Preußen
1862 —1866 zu verzeichnen hatten, in Württemberg schon wegen
dieser Bestimmung vom verfassungsmäßigen Gehorsam unmöglich
gewesen wäre.
Dabei war die württembergische Regierung namentlich unter
König Wilhelm I. (1816—1864) so „obrigkeitsstaatlich* — um
den Ausdruck der Jetztzeit zu gebrauchen —- wie nur eine, und
sie trat häufig genug in wirklich scharfen Gegensatz zum Volk.
Es sei nur erinnert an die Vorgänge in der Reaktionszeit nach
1848 (Maßregelung ROBERT MOHLs u. a. m.); ja man möchte bei
Betrachtung dieser Vorgänge sagen, daß in Württemberg damals
mehr kleinlicher Bürokratismus zutage getreten ist als in Baden
und dem immerhin schon wieder großzügigeren Bayern.
wer grundsätzlich ein Widerstandsrecht der Untertanen oder von Behörden
im Falle des Verfassungsbruchs anerkennen will. vor jener Konsequenz
nicht zurückschrecken darf, denn mit ihr steht und fällt ein solches
Recht. Aber bei den Tübingern hatte eben jene altständische Auffassung
noch Wurzeln, bei den Heidelbergern und Jenaern nicht mehr.
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