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auch hier nur in etwas bunter, mehr oder weniger willkürlicher
Auswahl, welche nirgends mutwilliger Kritik dienen will, sondern
durchaus dem inneren Wert einzelner wichtiger Rechtssätze nach-
zufühlen sucht. Das wird sich darin zeigen, daß neben haltlosem
Widerspruch manches andere sich als innerlich notwendig oder doch
als durch den Gang der Ereignisse als logisch erzwungen heraus-
stellen muß, wo von mancher Seite noch ein jäher Sprung oder
doch nur ein tastendes Belieben, Ermessenssache, aber keine
zwingende Lösung vermutet wird.
I.
Einen solchen logisch festen Grund legt die Verfassung, vom
erdrückenden Ballast der abgelösten Epoche befreit, in der Frage
nach dem Verhältnisse des Reiches zu seinen Teilen. Nur wer
darin nicht durch die Schule OTTO MAYERs! gegangen, an ein
monarchisches Bundesstaatsrecht, zuletzt in den Uebergangsformen
SMENDs und an eine schon von Bismarck selbst geschaffene Reichs-
einheit glaubte, konnte durch die Formen überrascht werden, in
denen das Verhältnis des Iteiches zu seinen Gliedern bestimmt
wurde. Ob nicht doch, wenn es auch TRIEPEL bestreitet?, der
in der Denkschrift des Staatssekretärs Dr. PREUSS um so schärfer
betonte Wegfall dynastischer Rücksichten und Widerstände das
Entscheidende war, um auch über die „rohesten“ Erscheinurigs-
formen des Partikularismus hinwegzukommen, soll hier ebenso-
wenig weiter untersucht werden, wie der Anteil gewisser Frie-
densbedingungen. Für sicher darf wohl angenommen werden,
daß nur das republikanische Bundesstaatsrecht, wie vor allem
MAYER es uns gelehrt hat, — heute, wo Mutter Germania nicht
mehr einen „Kranz von Kronen im Haar“ trägt, sondern richtig
die „phrygische Mütze“ aufgesetzt hat — eine einleuchtendere-Kon-
struktion des -Bundesstaates zuläßt und die deutsche Juristenseele
1 Vgl. Archiv des öffentl. Rechts XVII, S. 369.
2 Die Entwürfe der neuen Reichsverfassung, SCHMOLLERsS Jahrbuch
43. Jahrgang 2. Heft 8. 80 (484).