Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

Mitglieder des Bundesrates zu durchbrechen, um auch diesen ohne 
Zulaß in den Bundesrat unter Festhaltung an der Inkompatibili- 
tätsnorm das wichtigste Requisit der Ministerverantwortlichkeit 
auszuliefern. Nur aus diesem Hergang, der unter allen Umstän- 
den die dem Bundesrat noch verbliebene Befugnis hätte entwerten 
müssen, läßt es sich verstehen, wie die vom Bundesrate einmal 
abgelöste und anderen Organen selbständig zugänglich gewordene, 
gleichsam in den freien Verkehr gebrachte Vertretungsbefugnis im 
Reichstage die für die Sonderstaatlichkeit seiner Teile sinnbildliche 
Bedeutung einbüßen mußte, so daß sie sich auf den neuen anders 
eingerichteten Reichsrat gar nicht mehr vererbte, nicht einmal im 
Falle des Artikels 69, Abs. 2, wenn die Reichsregierung eine 
vom Reichsrat gegen ihren Willen beschlossene Gesetzesvorlage unter 
Darlegung ihres Standpunktes beim Reichstage einzubringen hat. 
Hatte einmal diese Befugnis die frühere auf die selbständige 
Staatlichkeit der Glieder hinweisende Bedeutung verloren, so _ge- 
nügte..es.jetzt.auch, die Länder ohne sonderlichen Eintrag für den 
Reichsrat mit dem erwähnten, weit allgemeiner gefaßten Recht zur 
Entsendung von Bevollmächtigten zum Reichstage abzufinden, vor- 
ausgesetzt, daß diese neue Form virtuell ausreichte, um ihre In- 
teressen vom praktischen Standpunkte in durchaus ebenbürtiger 
Weise vollauf zu wahren !. 
Daß der zit. Art. 33. Abs. 2, diesen praktischen Anforderungen 
halbwegs gerecht wird, leidet keinen Zweifel. Das den Ländern 
zugebilligte Recht, in die Sitzungen des Reichstags und seiner 
Ausschüsse Bevollmächtigte zu entsenden, um den Standpunkt 
ihrer Regierung zu dem Gegenstande der Verhandlung darzulegen, 
ist nicht nur weit allgemeiner, sondern auch.beweglicher als das 
alte bundesrätliche, und ermöglicht eine den jeweiligen Umstän- 
  
  
ıı Die von PoETzscHh, Handausgabe der Reichsverfassung v. 11. Aug. 
1919, S. 57 u. 67 treffend hervorgehobenen weiteren Einbußen sind in der 
Hauptsache nur prozessual, der Hinweis auf „anstehende Gesetzesvorlagen“ 
ZU eng.
	        
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