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ten durch die Volksabstimmung (Art. 43, Abs. 2). Das wird von
TRIEPEL übersehen. Nur der Fall ıst bedenklich, daß es der
schon seit Jahren im Amte befindliche Reichspräsident mit einem
neugewählten widerspenstigen gegnerischen Reichstag zu tun be-
kommt. Erst wenn in diesem Falle das Wetter völlig umschlägt,
die Neuwahl den Reichstag ganz anders zusammensetzt und dem
Reichspräsidenten mittelbar seine Hausmacht im Volke entzieht,
erst dann werden alle diese Bestimmungen, mit denen der Reichs-
präsident über das wogende Parteigetriebe gestellt, ihm selbstän-
diges Leben eingeblasen werden soll, auf die härteste Probe ge-
stell. Wird sich dann nicht herausstellen, daß der Nachdruck
doch nur auf den Reichstagsrechten ruht, denen der lebhaft er-
lebte Anteil an den vorausgegangenen Kämpfen um den Parla-
mentarismus zustatten kam, im unversöhnlichen Gegensatz zum
bloßen Kunsterzeugnis der neuen Präsidentenrechte? Die Ant-
wort kann hier nicht zweifelhaft sein. Jede Waffe, die man dem
Reichspräsidenten in die Hand drückt, ist in böser Zeit unver-
wendbar oder unzulänglich, wie die Orakel Machbeths, den die
Hexen verhängnisvoll ermunterten. Was fruchtet ihm — oben-
drein ohne Rückhalt an einer zweiten Kammer, — wenn die eigene
Wahl möglicherweise schon um Jahre zurückliegt, die Befugnis
zur Auflösung des neugewählten gegnerischen Reichstags? Welche
Regierung würde er zur Gegenzeichnung bereit finden? Die frühere
müßte sich planmäßig zurückgezogen haben, weil sie ohne das
Vertrauen des neuen Reichstags nicht weiterregieren konnte, und
die neue, wohl schon dem neuen Reichstag angepaßte, — wenn
er überhaupt eine findet — wird ihm noch weniger zur Hand
sein. TRIEPEL spricht zwar davon, daß eine in die Minderheit
gedrängte Regierung sich ausnahmsweise mit der Auflösung des
Hauses zu helfen suchen könnte?®. Das ist aber doch mehr aus
der überholten Atmosphäre des Verfassungsstaates entlehnt, allen-
A. a. 0. 8. 103 (507).
2 A, a. 0. S. 103 (507) £.