Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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falls bei gelinderen Konflikten denkbar. im Falle einer Staats- 
krise allerschwersten Grades — und um eine solche würde es 
sich hier handeln — nicht ohne einen politischen Bürgerkrieg. 
der von der ganzen Verfassung vielleicht nur die Urkunde zurück- 
ließe. Oder will der Reichspräsident noch mit Hilfe der alten 
Regierung durch die Auflösung am Ende gar einem Absetzungs- 
antrage des neuen Reichstags zuvorzukommen suchen ? Denn wie 
wir wissen, hält ja auch der Reichstag — sehr im Widerspruche 
mit der autoritären Stellung des Reichspräsidenten — eine Waffe 
in der Hand, die dem Gegner ans Leben geht und noch bevor 
das Volk gesprochen hat, von der ferneren Ausübung des Amts 
entfernen kann (Art. 43, 2). Wer von beiden drückt zuerst 
los? So kann es gewiß nicht gemeint sein, zumal die Durch- 
bildung und ganze Behandlung dieses Absetzungsrechtes es als das 
stärkere und voraussichtlich wirksamere Radikalmittel erkennen 
läßt. Man denke nur daran, daß es an jeder näheren Beschrän- 
kung der Absetzung auf besondere qualifizierte, etwa juristische 
Tatbestände fehlt, daß sie nicht als seltene, nur durch außer- 
ordentliche Tatumstände gerechtfertigte Ausnahme zugelassen ist. 
sondern ohne jeden solchen Hinweis nur formal an das Erforder- 
nis der Zweidrittelmehrheit gebunden wird und auch wenn diese 
fehlt, den tiefsten politischen Eindruck auf den Reichspräsidenten 
nicht verfehlen kann. Der Absetzungsantrag trägt also schon 
deshalb durchaus den Stempel eines rein politischen Machtmittels, 
das bei seiner dürftigen Ausbildung sich freilich erst am Schlusse 
als solches gibt und vorstell. Wir lesen nämlich (Art. 43, 2), 
daß die Ablehnung der Absetzung durch die Volksabstimmung 
als neue Wahl gilt und die Auflösung des Reichstags zur Folge 
hat, was eben nur dann einen Sinn gibt, wenn das Absetzungsver- 
fahren als rein politische Kraftprobe aufgefaßt wird. So empfin- 
det es auch PREUSS in seiner Denkschrift, wenn auch mit der 
nicht ganz ausreichenden Begründung, daß „zur Vermeidung einer 
allzugroßen Häyfung solcher Aktionen (also rein technisch!) dieses
	        
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