Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

— 432 — 
schaft mit Recht so großen Wert legt“. Allein wesentlich ist 
das nicht, da die Minister, die den Namen führen, zur natürlichen 
Anwaltschaft berufen sind und die Mittelbarkeit der Auseinander- 
setzung nach geschichtlicher Erfahrung dem Wesen keinen Ein- 
trag tut. In der Österreichisch -ungarischen Monarchie hatten die 
hochgemuten gemeinsamen Minister nur Zutritt zur Delegation 
und fühlten sich recht wohl dabei; sie sahen nicht das Parlament, 
sondern, um biblische Erinnerungen zu beschwören, nur seinen 
Schatten, einen qualifizierten Ausschuß, der allerdings in solchen 
Angelegenheiten ganz an die Stelle des Parlamentes hätte treten 
sollen; doch zweifelte niemand an ihrer Ministerschaft, so große 
Unzukömmlichkeiten diese unzulängliche Vertretung auch im Ge- 
folge hatte, weil das praktisch Wichtigste nicht berücksichtigt war. 
Nicht wesentlich anders wirkt auf die Konstruktion der Mangel 
einer solchen unmittelbaren Parteilegitimation für den Reichs- 
präsidenten mit dem Gradunterschiede, daß er durch das starke 
Lockmittel der juristischen Verantwortlichkeit einem ganz andern 
Druck der Verantwortlichkeit vor Parlament und Oeffentlichkeit 
ausgesetzt wird, als seine wohlgemuten ehemaligen österreichisch- 
ungarischen „Ministerkollegen‘, welche im Parlamente, wo sie 
nicht das Wort ergreifen konnten, durch entsprechende Ein- 
schränkung ihres Wirkungskreises geschützt waren. Es bleibt 
nur nach wie vor aufzuklären, warum der deutsche Reichspräsident 
in diese schiefe Lage gebracht wird, obwohl für den durch allge- 
meine Wahl Berufenen ein singuläres, auf ganz anderen Grund- 
lagen beruhendes politisches Verfahren eingerichtet wurde, obgleich 
auch er ein Volksbeauftragter im höchsten Sinne ist, seine Stel- 
lung genossenschaftlichem Zusammenwirken dankt und wie schon 
oben gesagt, auf derselben Seite der Barrikade steht. Gerade an 
dieser Neuanwendung der bloß juristischen Verantwortlichkeit 
wäre doch ihre geringe praktische Bedeutung, ihre kleinere vor- 
beugende Wirkung neben dem stärkeren Mittel der politischen 
« Vgl. WITTMAYER, SCHMOLLERsS Jahrbuch a. a. O. S. 33 (863).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.