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schaft mit Recht so großen Wert legt“. Allein wesentlich ist
das nicht, da die Minister, die den Namen führen, zur natürlichen
Anwaltschaft berufen sind und die Mittelbarkeit der Auseinander-
setzung nach geschichtlicher Erfahrung dem Wesen keinen Ein-
trag tut. In der Österreichisch -ungarischen Monarchie hatten die
hochgemuten gemeinsamen Minister nur Zutritt zur Delegation
und fühlten sich recht wohl dabei; sie sahen nicht das Parlament,
sondern, um biblische Erinnerungen zu beschwören, nur seinen
Schatten, einen qualifizierten Ausschuß, der allerdings in solchen
Angelegenheiten ganz an die Stelle des Parlamentes hätte treten
sollen; doch zweifelte niemand an ihrer Ministerschaft, so große
Unzukömmlichkeiten diese unzulängliche Vertretung auch im Ge-
folge hatte, weil das praktisch Wichtigste nicht berücksichtigt war.
Nicht wesentlich anders wirkt auf die Konstruktion der Mangel
einer solchen unmittelbaren Parteilegitimation für den Reichs-
präsidenten mit dem Gradunterschiede, daß er durch das starke
Lockmittel der juristischen Verantwortlichkeit einem ganz andern
Druck der Verantwortlichkeit vor Parlament und Oeffentlichkeit
ausgesetzt wird, als seine wohlgemuten ehemaligen österreichisch-
ungarischen „Ministerkollegen‘, welche im Parlamente, wo sie
nicht das Wort ergreifen konnten, durch entsprechende Ein-
schränkung ihres Wirkungskreises geschützt waren. Es bleibt
nur nach wie vor aufzuklären, warum der deutsche Reichspräsident
in diese schiefe Lage gebracht wird, obwohl für den durch allge-
meine Wahl Berufenen ein singuläres, auf ganz anderen Grund-
lagen beruhendes politisches Verfahren eingerichtet wurde, obgleich
auch er ein Volksbeauftragter im höchsten Sinne ist, seine Stel-
lung genossenschaftlichem Zusammenwirken dankt und wie schon
oben gesagt, auf derselben Seite der Barrikade steht. Gerade an
dieser Neuanwendung der bloß juristischen Verantwortlichkeit
wäre doch ihre geringe praktische Bedeutung, ihre kleinere vor-
beugende Wirkung neben dem stärkeren Mittel der politischen
« Vgl. WITTMAYER, SCHMOLLERsS Jahrbuch a. a. O. S. 33 (863).