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die „Grundrechte und Grandpflichten der Deutschen“ genauer an-
zusehen, um auf eine Fülle ganz schwieriger -Problenie .zu stoßen.
Aber. auch der erste Hauptteil, der den „Aufbau und die Aufgaben
des Reichs“ bestimmt, gibt zu nieht wenigen rechtlichen Zweifeln
Anlaß, von denen einige schon in der kurzen Zeit seit der Ver-
abschiedung der Verfassung akut geworden sind. Die Ordnung
der Beziehungen zwischen Reichs- und Landesgewalt, die Methode,
mit der die Verfassung zwischen den Gedanken der repräsentativen
und der reinen Demokratie zu vermitteln sucht, die Regelung des
Verhältnisses zwischen Reichstag, Reichspräsident, Reichsregierung
und Reichsrat, die Einfügung des „Rätesystems“ in die Verfassung
— das alles bewegt sich doch gewiß nicht in ausgefahrenen Geleisen,
will vielmehr erst gründlich erforscht und verstanden sein. Für
das geschulte Auge stellt sich hier vieles außerordentlich ver-
wickelt dar, was auf dem Papier betrachtet, dem ungeübten höchst
einfach erscheint.
Zu den Bestimmungen der Reichsverfassung, die der Aus-
legung beträchtliche Schwierigkeiten bereiten, gehören in erster Linie
die Artikel, die sich auf den Weg der Reichsgesetz-
gebung beziehen, und die zumeist in dem fünften Abschnitte
des ersten Hauptteils unter der Ueberschrift: „Die Reichsgesetz-
gebung“ (Art. 68—77) enthalten sind. Sie sind alles andere als
leicht verständlich. Mit dieser Bemerkung soll kein Vorwurf gegen
ihre Verfasser erhoben sein. Sie haben sich, wie man billiger-
weise zugeben muß, um die sorgfältige Redaktion gerade dieses
Abschnitts heiß gemüht. Aber es ist ihnen hier nicht gelungen,
sich so klar auszudrücken, wie es erwünscht wäre. Das gilt vor
allem von den Sätzen, die es mit dem Volksentscheide zu tun
haben. Allerdings ist an ihnen noch im letzten Stadium der
Plenarberatung einigermaßen herumgeflickt worden; man weiß, was
bei soleher Gelegenheit herauszukommen pflegt. Aber schon die
Arbeit des Veerfassungsausschusses war hier keineswegs über. jedes
Lob erhaben. Mit Recht sagte der Reichsminister PREUSS bei