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struieren“ seien, darüber ist man sich in der deutschen Staats-
rechtswissenschaft niemals ganz einig geworden. Die Lehre LA-
BANDs, der die Feststellung des Gesetzesinhalts, die Sanktion, die
Ausfertigung und die Verkündigung unterscheidet und jedem dieser
vier Akte eine ganz bestimmte, immer gleiche juristische Be-
deutung beimißt?’, hat viel Beifall, aber auch lebhaften Wider-
spruch gefunden?!. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den
verschiedenen Ansichten würde den Rahmen überschreiten, der
diesem Aufsatze gezogen ist. Ich beschränke mich auf die Be-
merkung, daß ich LABANDs Auffassung niemals habe teilen können.
Ein wesentlicher Fehler liegt zunächst darin, daß sie eine durchaus
‚künstliche he Unterscheidung macht zwischen der Feststellung des
Gesetzesinhalts und dem Erlasse des Gesetzesbefehls, während
doch der Gesetzesbefehl notwendig auch den Gesetzesinhalt fest-
stellt und eine „Feststellung“ des Gesetzesinhalts ohne Sinn wäre,
wenn sie sich nicht auch auf den Erlaß des. Gesetzesbefehls be-
zöge.. Ein anderer Fehler besteht darin, daß LABAND als allge-
meingültig bezeichnet, was höchstens für eine Verfassung von ganz
bestimmter Struktur zutrifft. Nach der bisherigen Reichsverfassung
waren „Sanktion“ und Ausfertigung getrennte Akte, nach der Mehr-
zahl der konstitutionellen monarchischen Verfassungen Deutsch-
lands waren sie es nicht. Bedenklicher aber noch als dies ist LA-
BANDs Auffassung vom Wesen der „Sanktion“ und von der Bedeutung,
die ihr gegenüber den andern Bestandteilen des Gesetzgebungs-
prozesses zukomme. Es ist willkürlichste Begriffsjurisprudenz.
wenn LABAND behauptet, daß nur der „Träger der Staatsgewalt“
den Gesetzen die „Sanktion“ erteilen, und daß deshalb nach der
Reichsverfassung von 1871 nur der Bundesrat als Inhaber des
Sanktionsrechts betrachtet werden könne (S. 29, 32). Und es
ist nicht minder willkürlich, wenn er annimmt, daß nur die
Sanklion „Gesetzgebung im staatsrechtlichen Sinne des Wortes“
»0 Vgl. insbesondere Staaterecht 2 8. Aff., 23 ff.
st S, die Literaturangaben bei MEYER-AnSOHÜTZ a. a. O. 8. 659 ff., 680 ff.