Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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(Art. 74, Abs. 3)°°. Hier beruht das Gesetz auf Volksbeschluß. 
Aber auch _nur-bier,. In den andern Fällen bleibt der Reichs- 
tag der Inhaber des „Sanktionsrechts“. Er wird nicht als Ge- 
setzgeber vom Volke verdrängt. Selbstverständlich nicht, wenn sich 
das Volk gegen einen Reichstagsbeschluß erklärt; denn dann 
kommt ein Gesetz überhaupt nicht zustande. Aber auch dann 
nicht, wenn die Volksabstimmung den Reichstagsbeschluß b e- 
stätigt. Der Reichstagsbeschluß verwandelt sich nach einem 
Einspruche des Reichsrats oder nach einem Veto des Reichspräsiden- 
ten oder beim Referendum nicht etwa in einen bloßen Gesetzentwurf. 
Er bleibt Gesetzesbeschluß, nur daß der Eintritt der Gesetzeskraft 
von dem Ausgange der Volksabstimmung abhängig wird. Der 
Volksentscheid ist hier überall nicht „Volksgesetzgebung“, sondern 
er setzt die Bedingung, auf die das’ Inkrafttreten des Gesetzes 
abgestellt worden ist. 
In jedem Falle aber ist die Voraussetzung eines Volksent- 
scheids, daß zunächst der Reichstag einen Beschluß über einen 
Gesetzentwurf gefaßt hat. Der Volksentscheid bedeutet immer 
eine vom Volke vorgenommene Ueberprüfung eines Reichstags- 
beschlusses. Die Verfassung macht das Volk zum Kontrollorgane 
gegenüber dem Reichstage.. Das Referendum und- die Volks- 
initiative insbesondere sind die von der Verfassung geschaffenen 
Gegangewichte gegen die sonst erdrückende Machtstellung des 
Parlaments. Daß eine konstituierende, mit Allgewalt ausgestattete 
Nationalversammlung, deren Majoritätsparteien während der ganzen 
Dauer der Verhandlungen nichts mehr als die dauernde Festlegung 
des parlamentarischen Regierungssystems am Herzen lag, gleichwohl 
5% In diesen beiden Fällen antwortet die Volksabstimmung auf eine 
Alternativfrage. Der vorläufige Entwurf eines Reichsgesetzes über Volksab- 
stimmungen und Volksbegehren (Drucks. des Verfassungsausschusses Nr. 221, 
Anl. IV) sagt in $ 5, daß die Stimmzettel nur das Wort Ja oder Nein ent- 
balten dürfen. Das paßt für die meisten, aber nicht für alle Volksab- 
stimmungen.
	        
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