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(Art. 74, Abs. 3)°°. Hier beruht das Gesetz auf Volksbeschluß.
Aber auch _nur-bier,. In den andern Fällen bleibt der Reichs-
tag der Inhaber des „Sanktionsrechts“. Er wird nicht als Ge-
setzgeber vom Volke verdrängt. Selbstverständlich nicht, wenn sich
das Volk gegen einen Reichstagsbeschluß erklärt; denn dann
kommt ein Gesetz überhaupt nicht zustande. Aber auch dann
nicht, wenn die Volksabstimmung den Reichstagsbeschluß b e-
stätigt. Der Reichstagsbeschluß verwandelt sich nach einem
Einspruche des Reichsrats oder nach einem Veto des Reichspräsiden-
ten oder beim Referendum nicht etwa in einen bloßen Gesetzentwurf.
Er bleibt Gesetzesbeschluß, nur daß der Eintritt der Gesetzeskraft
von dem Ausgange der Volksabstimmung abhängig wird. Der
Volksentscheid ist hier überall nicht „Volksgesetzgebung“, sondern
er setzt die Bedingung, auf die das’ Inkrafttreten des Gesetzes
abgestellt worden ist.
In jedem Falle aber ist die Voraussetzung eines Volksent-
scheids, daß zunächst der Reichstag einen Beschluß über einen
Gesetzentwurf gefaßt hat. Der Volksentscheid bedeutet immer
eine vom Volke vorgenommene Ueberprüfung eines Reichstags-
beschlusses. Die Verfassung macht das Volk zum Kontrollorgane
gegenüber dem Reichstage.. Das Referendum und- die Volks-
initiative insbesondere sind die von der Verfassung geschaffenen
Gegangewichte gegen die sonst erdrückende Machtstellung des
Parlaments. Daß eine konstituierende, mit Allgewalt ausgestattete
Nationalversammlung, deren Majoritätsparteien während der ganzen
Dauer der Verhandlungen nichts mehr als die dauernde Festlegung
des parlamentarischen Regierungssystems am Herzen lag, gleichwohl
5% In diesen beiden Fällen antwortet die Volksabstimmung auf eine
Alternativfrage. Der vorläufige Entwurf eines Reichsgesetzes über Volksab-
stimmungen und Volksbegehren (Drucks. des Verfassungsausschusses Nr. 221,
Anl. IV) sagt in $ 5, daß die Stimmzettel nur das Wort Ja oder Nein ent-
balten dürfen. Das paßt für die meisten, aber nicht für alle Volksab-
stimmungen.